Ja, gut: der letzte Sommer ist nun schon eine ganze Weile her. Das sollte uns aber gerade angesichts der derzeitigen Wetterlage nicht davon abhalten, einen letzten wehmütigen Blick auf ein Highlight der längst vergangenen Sommersaison werfen: das Speiseeis in seiner je verschiedenen Geschmacksrichtung.
Nachdem uns schon vor Jahren die Nachricht von einem kulinarischen Knaller erreicht hatte (ein Speiseeis auf Lebenwurstbasis für Hunde – wir berichteten darüber), möchten wir in diesem kleinen Rückblick auf eine weitere gefrorene Fußnote zu sprechen kommen. Sie hatte in der Nähe von Baden-Baden ihren Ausgang genommen und war als eine Art Hilfestellung gedacht. Denn seinen wir ehrlich: wen beschleicht vor einer Eistheke (wir erinnern uns?) nicht einen gewisse Ratlosigkeit angesichts der vielen Köstlichkeiten, die hier feilgeboten werden? Welche Sorte soll man denn nehmen?
Niemand sollte sich in dieser Situation wundern, wenn der Genießer kurz innehält, um sich über das, was jetzt gleich in die Waffel soll, einen Überblick zu verschaffen. Es ist der Moment, an dem es gilt, die verschiedenen Geschmacksrichtung am Gaumen vorbei ziehen zu lassen. Dieser Prozess des Innehaltens wird für gewöhnlich durch ein nachdenkliches ‚ Ähm‘ unterstrichen.
Kein Wunder, dass eben das im badischen Gaggenau ein findiger Italiener zum Anlass genommen hatte, eine Eissorte nach diesem Wortzombie zu benennen. Wer also im vergangenen Sommer vor den Tresen besagter Eisdiele trat und seiner Unentschlossenheit mittels dieses kleinen Wortes Ausdruck verlieh, bekam eben das: eine Kugel ‚Ähm‘. Weiße Schokolade mit ‚Pistazien-Crunch‘. Man könnte also sagen: wem in diesem Moment nichts Besseres einfiel, sagte einfach mal ‚Ähm‘ und war fürs erste gut bedient.
Dieses ‚Ähm´ als Ausdruck geistiger Ratlosigkeit ist seit längerem nun aber auch in anderem Umfeld in Gebrauch. Und zwar im Umfeld unseres staatstragenden Senders Deutschlandfunk (DLF), wo man sich überaus korrekt und staatstragend gibt. Fortwährend sehen sich dort Politiker oder Referenten sogenannter „Thinktanks“ eingeladen, um sich tagsüber aber auch nachts zu je verschiedenen Themen zu äußern.
Unser gaggenauer Eismacher offeriert im Schnitt 40 Eissorten. Da mag die Auswahl schwerfallen. Anders als im Programm des DLF, wo das Angebot in der Regel deutlich kleiner ist und man sich auf seinen Qualitätsjournalismus trotzdem sehr viel zugute hält. Ähnlich wie vor der Eistheke ist auch dort, auf dem Flaggschiff publizistischen Denkens, der Sprachfluss fortwährend durchsetzt mir formelhaften ‚Ähms‘. Ja, man könnte sagen: wem im Moment auch dort nichts einfällt, der greift mündlich gern zum ‚Ähm‘.
Da trifft es sich schon gut, dass wie jedes Jahr die Medien sich auch im vergangenen Jahr auf die Suche nach dem Jugendwort des Jahres gemacht haben. Zur Auswahl standen so Ausdrücke wie „goofy“, „Auf Lock“ oder „Riss“, die hier in ihrer Bedeutungsschwere nicht weiter Beachtung finden sollen.
Doch muss man sich schon wundern, dass keiner der Maßgeblichen das ‚Ähm‘ in die nähere Auswahl genommen hatte.
Das hätte wenigsten allen geschmeckt.