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Der Gnadenhof

Zu Gast im KREITERHOF. Von der Freude, dem Verstreichen der Zeit bei einem Glas Gutedel zuzuschauen

Wer kein Blick für die tieferliegenden Strukturen hat, könnte das, was er hier auf dem Gelände sieht, als ein jesusmäßiges Durcheinander halten. Traktoren, Motorsägen, Heiligenbildern, Geweihe und jeden Menge anderer Gegenstände bevölkern das Gelände. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn nur wer all das hier als Teil einer höheren Ordnung akzeptiert, wird einsehen, warum alles gerade hier seinen Platz hat, ja unbedingt hier sein muss.

Was also ist das für ein Ort? Er liegt in einem kleinen Talgrund in der Nähe des vormals revolutionär umtriebigen Kandern im Markgräferland, dort, wo der aufsässige Hecker in der Badischen Revolution partout nicht einsehen wollte, warum die Fürstenherrschaft noch länger dauern sollte. Dahinter steckte also schon damals ein harter Kopf. So einer brauchte schon ein ordentliches Ziel.


Ein solches hatte offensichtlich auch der Herrscher über das hier so großzügig bemessene Gelände. Er heißt Armin Kreiter, ist 1963 in Lörrach geboren und zog 1989 als ausgebildeter Landwirtschaftsmeister zunächst einmal mal hinaus in die Welt, um sie gründlich kennenzulernen. Als Entwicklungshelfer hatte es ihn damals zunächst nach Nepal verschlagen; später dann nach Sambia. 1996 kam zurück und beschloss, hier in Egerten seine nähere Heimat zu besiedeln.

Als erstes machte er sich dran, den heimatlichen Betrieb – den 200 Jahre alten Kreiterhof – umzustrukturieren, um auf seinem Grund und Boden erst einmal eine Weinschenke zu eröffnen. Diese diese sollte ihm ermöglichen, sein Erbe zu pflegen und auch davon zu leben. Seit dieser Zeit gibt es dort, was man hier schätzt. Auf der Karte stehen Gerichte wie „frische Blut- und Leberwurst“, auch gebratene Forelle. Selbstverständlich gibt es Wurstsalat und den obligatorischen Flammenkuchen, letzterer natürlich in je verschiedenen Varianten. Und damit der Besucher das Ganze nicht trocken zu sich nehmen muss, wird das Gebotene mit den ortsüblichen Weinen umspielt. Mit Spätburgunder, einem Rose und natürlich dem heimischen Gutedel.

Gereicht wird das Ganze bei guter Witterung vor dem alten Haus, wo an Bänken und Tischen der Blick des Gastes wohlgefällig auf Speisen und Getränken ruht und kaum einer sich der freundlichen Frage verschließen kann, ob hier noch frei sei? Ist das Wetter nicht so freundlich zieht es einen ins Innere des Hauses, in die große, gute Stube, die früher ein Stall, jetzt aber aber eine rechte Wirtschaft ist. An ihre Vergangenheit erinnern an noch immer die an den Balken angenagelten Blechschilder, wo noch heute die Namen der Kühe zu lesen sind. Die damals fleißig Milchgebenden hießen GRETH, RÖSI, FLECK und LIESI, weshalb wir hier mit dem Nennen ihres Namens dankbar gedenken wollen.

Der Herr des Hauses und seine Heilige

Der Wirt und seine Muttergottes


Begleitet man den Gastgeber nach oben, in den zweiten Stock, betritt man eine große Stube, ein Saal, wo der Herr des Hauses Schätze gehortet hat, die von der großen Verbundenheit des Hausherren mit dem Haus, der Landschaft und ihrer Geschichte erzählt. Altes Werkzeug, Kuhglocken aus ferner Zeit, ein Kinderschlitten, Hämmer, Äxte, ein gebrannter Schlussstein mit den Initialien der Brenner mit dem Datum: 1809. Es ist eine Art Schatzkammer der Erinnerung. Z.B. dieser Ehevertrag von 1816, der mit großen Zugeständnissen an den Bräutigam die Braut – einer Notiz nach nicht die hellste und zudem mit dem ‚Makel‘ eine unehelichen Kindes behaftet – schmackhaft machen sollte.

Weiter findet sich dort der Urlaubsschein eines Soldaten von 1870 – 27 Männer der Gemeinde waren „im Feld geblieben“, wie es so lapidar heißt. Nicht weit davon das Kanapee der Luise Kreiter, das sie 1915 mit in die Ehe brachte und auch der alte Feldmantel des endlich heimgekehrten Urgroßvaters nebst der Krücke, die ihm half, weiterhin durchs  Leben zu gehen. Er hatte ein Bein verloren.

So vieles Beschauenswertes findet sich dort, auch und vor allem eine geschnitzte spätmittelalterlich Mutter Gottes, die, von schlichter Volksfrömmigkeit, mit ihrem Kind in einem gläsernen Behältnis thront. Von dort aus scheint sie über die Schätze der Vergangenheit zu wachen.

Armin Kreiter hätte all dies gern in ein kleines Heimatmuseum gegeben. Dessen Platz war schon bestimmt; der Bau auch schon beantragt. Doch malten die Mühlen der Verwaltung nicht langsam, sondern gar nicht. Das Fräulein vom Amte hatte keine Möglichkeit gesehen, dem Vorhaben, anders als die ansässige Mutter Gottes, ihren Segen zu geben.

So bleibt es im Talesgrund erst einmal alles beim Alten. Auch so ist man hier angekommen. Nicht zum Suchen, nicht zum Finden. Nein, zum Sein. Keine Schraube muss fürchten, aus dem Schatten ans Licht gezerrt zu werden. Hier herrscht ein einvernehmliche Zuendegekommensein. Alles zu seiner Zeit. Alles an seinem Platz.

Armin Kreiter lässt seinen Blick schweifen, nimmt noch einen Schluck Gutedel, betrachtet das Ganze mit Wohlgefallen und resumiert: „Ich bin halt ein Jäger und Sammler“.










Kreiterhof Weinschenke
Wollbacherstrasse 1
79400 Wollbach-Egerten
07626 591
Info@Kreiterhof.de

 

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