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Author Archives: Peter Ruhr

Allgemein Blättern & Rauschen Kultur Texte / Poesie

Der Dichtungsring – dritter Teil

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appllon-mit-lyraUm ehrlich zu sein: wir fanden das gestrige Gedicht von Frau Gebert über die Feiertage zwar vom Zeitpunkt her passend, zugleich aber auch wenig aufbauend. Im Übrigen haben wir uns gefragt, ob Frau Gebert das Gedicht selbst geschrieben hatte. Immerhin kennen und schätzen wir sie eher als Teetrinkerin denn als Freundin von starken Festtagsbieren. Jedenfalls baten wir sie, gerade auf das kommende Wochenende hin, uns lieber ein Zeugnis ihres eher heiteren Schaffens vorzuschlagen. Was sie denn auch gerne tat. Also hier ein neues Gedicht. Fröhlich, wie wir meinen, und gut konsumabel.

Ein schönes Wochenende!

 

 

Blüte und Kolibri

 

Die Blüte sieht den Kolibri

Und denkt, heut’ fliegt der Kurven so wie nie:

‚Der fliegt vielleicht ‚nen heißen Reifen,

als Blüte kann ich’s kaum begreifen.

Als gäb es Schwerkraft nicht und Wind;

Ich schätze mal, der Vogel spinnt’.

 

So spricht die Blüte inhaltsschwer –

Heut mag sie keinen Flugverkehr.

 

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Der Dichtungsring – vierter Teil

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appllon-mit-lyraAlso diese Frau Gebert! Sie erstaunt uns immer mehr.

Hatte sie uns bisher mit leichter, eher süffiger Poesie-Kost verwöhnt, kommt sie uns in ihrem neuesten Werk fast zeitkritisch, abgeklärt, fatalistisch. Dabei, so sagt sie, würde es sich bei ihrem neuesten Gedicht um eine ‚Paraphrase’ handeln. Wir geben das jetzt mal so einfach weiter, jedenfalls bezieht sie sich offensichtlich auf Elemente der Barockdichtung. Der Stil scheint ihr zu liegen, obwohl das Ganze ja etwas zeitbezogen düster daherkommt. Interessant finden wir das von ihr Mitgebrachte allemal. Und außerdem entpuppt sie sich in dem Gedicht als große Weinkennerin. Na sowas.

Wir arbeiten derzeit an einem anderen größeren Thema. Bis das fertiggestellt ist, wollen wir uns am Schaffen unserer reimenden Reinigungskraft erfreuen. Und morgen gibt’s von ihr wieder etwas Heiteres.

„Also hübsch dabeibleiben“, ruft Frau Gebert aus dem Nebenzimmer und grüßt mit dem Wischmopp.

 

 

 

Chateau Lafitte

 

Wenn dumpf die Armut sich erhebt,

und düster hinterm Fenster steht.

Wenn Hunger in den kalten Stuben,

sich paart mit dem Gestank der Gruben:

hernieden gibt’s nicht Wein noch Brot,

vom Osten naht der schwarze Tod.

Der Krieg mit seiner harten Hand,

er peinigt unser Vaterland.

Kein Gott, der noch vom Himmel blickt,

uns Hilfe, Trost und Heimat schickt!

Vom Firmament, da regnets Feuer,

verteuert uns die Hühnereier.

Die ganze Welt ist aus dem Tritt.

Ich dekantier’ ‘Chateau Lafitte’.

Allgemein Kultur Texte / Poesie

Der Dichtungsring – fünfter Teil

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Also diese Frau Gebert!

appllon-mit-lyraHat sich, weil das letzte Gedicht doch etwas düster war, unsere Kritik sehr zu Herzen genommen. Und bringt uns aufs kommende Wochenende hin noch etwas Leichtes. Da sie sich neuerdings verstärkt im Fremdsprachlichen tummelt, sagt sie, bei ihrem vorliegenden Gedicht handle es sich um ein Kalligramm. Und dann, auf unser bohrendes Nachfragen, das sei ein Gedicht, das seinen Inhalt in der Form des Gedichtaufbaues wiederspiegelt. Also etwa so: wenn das Gedicht vom Kreuz handelt, hat es auch die Form eines Kreuzes zu haben. Basta, sagte sie noch.

Also diese Frau Gebert….!

Jetzt kommt das Gedicht. Es heißt ‚Geschwind‘

 

Geschwind

     lauf

                  ich  

                                 die

                                                  Treppe

                                                             runter

 

Nichts hemmt den göttergleichen Lauf.

Oh Mist, ich hab mein Geld vergessen

                           

                                                                                                                                 rauf!        

                                                                                                                        noch mal

                                                                                                                    ich

                                                                                                              muss     

                                                                                                         Dann

 

 

                                                                                                      

Allgemein Blättern & Rauschen Kultur Menschen

Die Bücherpflegerin

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IMG_0620Daniela Lipps rettet, was zu retten ist: Bücher

Es sind vor allem die Farben. Zunächst das gedeckte, schon leicht ausgewaschene Grün der Fassade. Dann eine französische Fahne, die müde und verblichen vor dem schönen, alten Haus an der Luisenstraße, steht. Gegenüber der Trinkhalle. Die Fahne erinnert daran, dass Baden-Baden früher einmal, in den Zeiten des Herrn Benazet, eine sehr französische Stadt war. Die Hausnummer 30 hatte vormals ein Blumengeschäft beherbergt, das aber seit langem geschlossen ist, und rückblickend selten farbenfrohe Rosen, Nelken oder Tulpen im Verkauf hatte, dafür aber Vergissmeinnicht, Calla und auch Lilien, alles, was man für Beerdigungen halt so braucht.

Das hat sich seitdem geändert. Jetzt, da dort seit mehreren Jahren eine Buchbinderei eingezogen ist, schmücken ein Gummibaum und die Grünlilie das Schaufenster, deren weiß-grüne Blätter farblich ja auch nicht so der Knaller sind. Was ja vielleicht auch nicht unbedingt zu dem kontemplativen Gewerbe passen würde, dem Daniela Lipps, achtunddreißig Jahre alt, dort nachgeht. Ihre Welt sind die Bücher, meist der älteren Art. Antiquariatsbücher. Manche verstaubt oder vergilbt. Soweit ihr möglich restauriert sie diese, bindet sie neu oder ordnet sie, wie z.B. die Monatsschriften der hier ansässigen Rechtsanwaltskanzleien.

Das ist jetzt ihre Welt. Sie ist Baden-Badenerin. Nach einer dreijährigen Ausbildung in der Unibibliothek in Kaiserslautern geht sie nach Freiburg, um dort Mathematik zu studieren. Von dort kehrt sie diplomiert zurück und übernimmt ein Buchbindergeschäft in Lichtental, bevor sie in der Innenstadt ihr jetziges Geschäft findet. Richtet sie ihren Blick nach draußen, durch das weißgestrichene Gitter ihrer Eingangstür, blendet sie das Grün der Lichtentaler Allee.IMG_0616

Das passt ihr so. So wie es ist. Das stille Werken am Vergangenen. Sie ist eher zurückgenommen und sieht sich ungefragt als Einzelgängerin. Das Innere des Werkraums ist zwangsläufig – buchdeckelgemäß – ebenfalls in gedeckten Farben gehalten. Braun. Grau. Beige. Viel Papier dort, gestapelt, wartet darauf verarbeitet zu werden. Dazwischen alte Buchbindemaschinen, Pressen, Papierschneider. Von außen betrachtet wirkt das Innere wie eine Höhle, und erstaunt registriert man, von draußen ins Innere blickend, einen weißen Arm, der im Licht einer Schreibtischlampe seinem konzentrierten Tagwerk nachgeht.

Dabei kann sie nach eigener Aussage gut mit Leuten. Wenn sie muss. Und hat nichts dagegen, wenn sie nicht muss. Sie ist das Gegenteil von exaltiert. Im heutigen Zeitalter der Selbstentblößung wirkt sie unzeitgemäß zurückgenommen.

Fernseher? Hat sie nicht. Viele Hörbücher, ja, das mag sie. Musik auch, aber nicht zu viel. Sie geht nach Hause und hat trotzdem Kontakt mit anderen. Sie chattet dann. Wenn es ihr zu viel wird, schaltet sie den Rechner ab. So einfach ist das. Alles unter Kontrolle.

Das mit dem Chatten werden vielleicht nicht alle ihrer Kunden so einfach verstehen. Vor allem nicht diese, die ein zu restaurierendes Buch gern zum Anlass eines längeren gepflegten Gesprächs nehmen.

IMG_0611Man wird dem Klientel nicht Unrecht tun, wenn man es als eher konservativ bezeichnet. Daniela Lipps vermutet angesichts dessen, was ihr so täglich zum Binden vorbeigebracht wird, wertvolle private Bibliotheken hinter gediegenen Mauern. Dass diese Kundschaft in ihr eine Verbündete im Bildungsbürgerlichen sieht ist ihr klar. Das nimmt sie, die Tochter eines linken Lehrerehepaares, in Kauf und versucht, soweit ihr möglich, sich etwaige Bildungsdefizite nicht anmerken zu lassen.

Die Kundschaft scheint sich an ihrem Äußeren jedenfalls nicht zu stören. Die Rastafari-Locken, die von ihrem Kopf wie teils geknickte Antennen abstehen, sind ja erscheinungsmäßig auch nicht mehr das Aktuellste. So weißt die Rastafari-Bewegung, in den dreißiger Jahren entstanden, durchaus alttestamentarische Züge auf. Vielleicht ist es das, weshalb die Frisur von Daniela Lipps ihren bildungsbürgerlichen Kunden so seltsam vertraut vorkommt? Und hätten sie den Blick gesenkt, wäre ihnen womöglich auch noch aufgefallen, dass sie ihre Zehennägel, die aus ihren Gesundheitsschuhen lugen, in je verschiedenen Farben lackiert hat. Aber auch diese Farben sind gedeckt.

Man wird das Bild des Diogenes in der Tonne nicht überstrapazieren, wenn man konstatiert, dass sich da eine junge Frau in der Jetztzeit so eingerichtet hat, dass sie von ihrem Geschäft “grad so lebt“. Sie hat keine großen Ansprüche, kommt „eben so rum“. Aber auch dabei ist sie auf unaufdringliche Art reduziert. Sie würde damit nie hausieren gehen. Dass sie ein Selbstvermarktungsproblem hat, weiß sie. Gern würde sie mehr aus sich rausgehen. Noch geht das nicht, aber sie arbeitet daran. Am liebsten wäre ihr, da wäre jemand, der ihr den Kontakt mit dem Publikum abnimmt. Glücklich sähe sich dann in einem kleinen Arbeitskäfig, davor ein Schild: „Buchbinder. Bitte nicht füttern“.

Allgemein

Der BadenBlogger hat schon 500 000 Leser! Jetzt mit Werbung. Für einen guten Zweck!

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Tatsächlich! Jetzt hat der BadenBlogger doch tatsächlich schon über 500 000 Follower. Zeit, uns zu wundern und uns selbst zu preisen. Dass wir das geschafft haben! Und ganz ohne Werbung. Ohne besserwisserisches Reingerede von irgendwelchen Redaktionsleitern, Chefredakteuren, Verlegern und Lokalpolitikern. Traumhaftes Schreiben!

Und doch – so ganz ohne Werbung geht’s nicht. Wir sind sozusagen nur bedingt werbefrei. Manchmal machen wir Werbung, trotz bester Vorsätze. Meist in eigener Sache oder weil es einem guten Zweck dient. Wobei man den guten Zweck ruhig etwas weiter fassen kann. Das sehen wir nicht so eng.

Weitergefasst ist der gute Zweck z.B. dann, wenn das zu Bewerbende uns alle freut, am besten uns satt und vielleicht sogar ein bisschen betrunken, also glücklich, macht. Jetzt hat es wahrscheinlich auch der oder die Letzte unserer Follower erraten: wir reden über Bücher, deren tieferer Zweck im Herbeiführen eines glückseligen Zustandes liegt. Dafür schlagen wir Trommel und Tamburin. Und das gleich zweimal.

Denn vor uns liegen die neuesten Ausgaben des Gastroführers aus dem OASE Verlag. Dessen Herausgeber/Testesser und Verfasser heißt Wolfgang Abel. Er residiert in der Nähe von Badenweiler und schaut mit hungrigem Blick vom Rund seiner Terrasse in die Rheinebene. Von dort aus späht er mit Adleraugen in die Töpfe und Teller des Landes. Er lugt und sagt uns dann, wo’s langgeht, also schmeckt.

Vor uns liegen jetzt also zwei gründlich überarbeitete Bände mit den Titeln „Freiburger Wunder“ (Münsterturm und Geiersnest) und „Kaiserstuhl“ (Streifzüge zwischen Rebstock & Himmelburg). Einmal mehr also zwei kulinarischen Gegenden, die der Verfasser einer gründlichen Prüfung unterzogen hat. Dabei – und das macht es so anders – geht es bei Abel nicht um die gehobene Küche, die Sternenküche, deren Tester vor lauter Glück, allabendlich das Vorgesetzte nicht selbst bezahlen müssen, ins schier Fabulieren und Salbadern abgleiten: ‚Präzise’ sei das Vorgesetzte, von ‚kongenialer‘ Geschmackskomposition usw., usf.

Nein, die Reihe des OASE Verlags wendet sich an Menschen, die weniger Appetit (mit angezogenem ‚I‘) als vielmehr Hunger haben, die, dem Hinweis des Testers folgend, über einem wunderbaren Kartoffelsalat für einem Augenblick gar die Widrigkeiten ihrer Berufswahl vergessen. Die ahnen, dass sie vor dem Schnitzel einer glücklich dahin gelebt habenden Landsau dem Himmel so nah sind; die es abgrundtief freut, dass Kuddeln mit Bratkartoffeln zwar nicht den Etat, dafür aber jedes Vorstellungsvermögen sprengen.

Dies alles will frisch genossen sein. Wir sagen frisch, denn es zeigt sich, dass man gut daran tut, die Tips, die Wolfgang Abel uns gibt, zeitnah zu genießen. Die Gastronomie ist allzu oft ein flüchtiges Gewerbe. Wo man heute gut kocht (und dann auch isst), kann morgen schon geschlossen sein. Zu groß scheinen manchen Wirtsleuten die zeitliche und kostenmäßigen Belastungen, als dass sie über Jahre hinweg das von uns so geschätzte Niveau halten, doch es zeigt sich, gerade in den Büchern von Abel, dass kontinuierliches Abliefern von Qualität sich letztlich doch auszahlt. Dann macht uns so eine Wirtschaft lange, vielleicht gar über Jahre, Freude. Dann macht sie uns glücklich. Dort werden wir dann treue Gäste, fröhliche Esser und genießende Trinker.

Die vorliegenden Bücher sind kompakt, dabei aber nicht allzu groß. Sogar in einer Isetta oder einem Goggo könnte man sie mitführen. Doch auch der Neuzeit könnte man Tribut zollen.  Eine kleine Anregung an den OASE Verlag: vorstellbar wäre hier eine Art wasserresistente Schatulle für  das Mitführen  der Bände auf dem E-Bike . 

Der Zeitpunkt scheint günstig, da im Spätherbst der Handel erfahrensgemäß schon kurz vor Weihnachten steht.

 

https://www.oaseverlag.de

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