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Allgemein Auswärts Kultur

Der Märtyrer

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Wie die Katholische Kirche versucht, Werbung für ihre Sache zu machen

Wer die schöne Stadt Würzburg besucht und dort von einem Regenguss überrascht wird, dem könnte es passieren, dass er sich auf der Suche nach einem trockenen Plätzchen oder gar spiritueller Erbauung sich in der Marienkapelle wiederfindet.

Dort erwarten ihn, gleich neben dem Eingang,  außer dem Schutz vor Nässe, zudem noch ausgelegte Postkarten, die den Hl. Aquilin zeigen, den man als in Würzburg geborenen Heiliger sehr verehrt und dessen Haupt von einem goldenen Strahlenkranz geziert wird. Vor allem aber fällt der im Hals steckender lange Dolch auf, der auf die Todesart des 1018 in Mailand gemeuchelten Märtyrers hinweist.

Der eine mag diese Postkarte als lieben Urlaubsgruß an die Daheimgebliebenen verwenden. Der andere sieht darin vielleicht eher das Beispiel eines wenig gelungenen Glaubens-Marketings seitens der katholischen Kirche.

Bevor mir allerdings die Kirche Schutz bot, hatte ich mich zuvor noch, bereits ziemlich durchnässt, in ein Geschäft gerettet, das anlassbedingt Regenschirme für € 1 im Sortiment führte. Von diesem günstigen Regenschirm versprach ich mir einen ersten Schutz vor dem Unbill der Witterung.

Als ich den Schirm dann vor dem Betreten der Kirche hastig zusammenklappte, klemmte ich mir den Finger ein, was ziemlich blutete und mir das Martyrium des hl. Aqilins ein kleines Stück weit nachvollziehbar machte. Ein Außenstehender mag flapsig konstatieren: hier wie dort starker Blutverlust.

Doch kann man das nur bedingt vergleichen. Vor allem schon deshalb nicht, weil es von mir mit meinem um den Finger gewickelten blutigen Tempotaschentuch ganz bestimmt keine Postkarten geben wird.

Allgemein Stadtstreicher

Die Zitherparty

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Kommt jetzt das Böse klingend in die Welt? 

Ich bin keiner, der petzt. Hab nie gepetzt. Weder in der Schule noch beim Bund. Nicht mal meine Schwester hab ich verpfiffen. Aber jetzt bin ich kurz davor, mir selber untreu zu werde. Es liegt an meinem sozusagen wohnlichen Umfeld, das mich zum Petzer werden lässt. Muss jetzt mal kurz ausholen.

Ich wohne im Herzen Baden-Badens. Mittendrin sozusagen. Habe ich Durst – kein Problem. Gleich neben meiner Wohnung befindet sich ein Biergarten. Das ist die schöne Seite der Lage, die natürlich – wie so Vieles im Leben – auch eine nicht so schöne Seite hat. Zwar weist mich mein Mietvertrag ehrlicherweise darauf hin, dass sich „in unmittelbarer Nähe Gaststätten befinden“, auch, dass „mit den gaststättentypischen Emissionen zu rechnen ist“. Er hat aber mich aber nicht darauf hingewiesen, dass die Emissionen auch klanglicher Natur sein könnten.

Das liegt weniger an singenden Japaniern oder Ukrainern, sondern an der Lust des Biergartenbetreibers, sich offensichtlich auf Trödelmärkten rumzutreiben. Denn wo sonst sollte er dieses Kleinod erstanden haben, das mir Tag für Tag Kummer bereitet. Dabei handelt es sich um eine lebensgroße Puppe, die hinter einer Zither am Eingangstreppchen zum Biergarten sitzt und deren verborgenes Inneres wohl einen CD Player beinhaltet, deren einzige Scheibe auf ‚Wiederholung’ geschaltet morgens, mittags und abends Zithermusik von sich gibt, wobei besonders die Melodie vom ‚Dritten Mann’ klanglich heraussticht und zu den Höhepunkten der Endlosschleife gezählt werden muss. 

Natürlich hatte ich versucht, in deeskalierender Absicht dem Eigener gegenüber das Thema anzusprechen, um zumindest eine zweite Scheibe im Gedärm des Zombies zum klingen zu bringen. Doch vergeblich. Zu viele Selfies würden gerade zu den Klängen dieser Melodien gemacht, als dass der Gastronom auf die Werbewirkung verzichten könne. Ja, er vertritt entschlossen die Ansicht, dass dieser Zitherzausel neben Tony Marshall, der Spielbank und den heißen Quellen zu den markantesten Symbolen unserer Stadt gezählt werden muss. Die Figur käme total gut an, vor allem bei Chinesen mit Mundschutz. Verstockt vertritt er die Ansicht: auf soviel Werbung könne er gar nicht verzichten.

Vielleicht verständlich, dass ich da was unternehmen muß, besonders, da der immerwährende Klangteppich mir die Freude an meinem Balkon vergällt. Bei der Suche nach Abhilfe hab ich mich nun daran erinnert, dass Drohnen zunehmend präziser treffen, d.h., dass man Kollateralschäden weitestgehend ausschließen kann. Werde mich morgen mal per Mail an einen Herrn Richard H. Ledgett, Chef der NSA, wenden und ihn darüber informieren, dass ich wüsste, wo sich ein IS Kämpfer versteckt hält.

„Sie werden es nicht glauben“, werde ich ihm – übersetzt – schreiben, „aber die Tarnung erstreckt sich bis weit in den volkstümlichen Personenkreis hinein“. Ja, habe ich mir zurecht gelegt, der IS verwende jetzt auch schon Zitherspieler um sich zu tarnen. Das Böse käme neuerdings auch klingend in die Welt. Was sich so harmlos gibt, sei eine klingende Zeitbombe, deren Ticken ich tagtäglich lauter vernehme.

Ich werde ihm noch die Koordinaten durchgeben und meine Mail schließen: mit den besten Wünschen. Ein PS werde ich auch noch hinzufügen: es bleibt doch unter uns?

 Anschließend setze ich mich mit einem ‚Tannenzäpfle’ auf dem Balkon und warte. Auch wenn es etwas länger dauert – macht nichts. Ich habe noch ein Fläschen kaltgestellt.

Allgemein Institutionen

Weg da!

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Mit der Politik geht es vorwärts. Auf der Autobahn.

Ich hatte mir das Datum genau gemerkt. Es war am 14. September diesen Jahres, als ich mit meinem Audi auf der Autobahn A 5 behutsam nach Norden rollte.

Das hatte an diesem Tag nichts mit meiner üblich kontemplativen  Fahrweise zu tun. Die Schleichfahrt  war vielmehr  geboten, da es  in Strömen goss, weshalb der Verkehr eher schwamm als dass er fuhr.

Nun ist es ja bedauerlicherweise nicht so, dass alle Verkehrsteilnehmer ein Unwetter im gleichen Maße als geschwindigkeitsreduzierend ansehen. Wer die Werbeversprechen der Reifenhersteller ernst nimmt, könne tatsächlich meinen, dass die Gesetze der Physik nicht für alle gelten; eine leider bittere Erkenntnis. Allerdings, auch das muss gesagt werden, passten an diesem Tag die meisten Verkehrsteilnehmer  ihr Tempo den Wetterbedingungen an. Das heißt: die meisten, aber eben nicht alle. Denn von hinten näherten sich mit Blaulicht und lärmendem Martinshorn mehrere Fahrzeuge, die, trotz stärksten Regens – man muss es hier mal so sagen – auf der Autobahn die Sau rausließen.

Unzweifelhaft gibt es  Situationen, da brachiale Fahrgewalt geboten ist, etwa wenn ein Notarzt dringend benötigt oder die Feuerwehr zu einem Einsatz gerufen wird. Da macht man gern Platz, wünscht alles Gute und denkt: hoffentlich kommen sie nicht zu spät.

Anders beim Einsatz des Blaulichts an diesem regenschweren Tag. Da waren selbst durch den Gischtschleier vier schwere schwarze Limousinen mit Stuttgarter Kennzeichen zu erkennen. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass es sich bei dieser Kamikazenfahrt keineswegs um einen Krankentransport handelt, sondern um den Transport eines Spitzenpolitikers vom Wirkungsort A zum Wirkungsort B.

Wer im einzelnen diese alle Verkehrsteilnehmer gefährdende Horrorfahrt angeordnet hatte, dürfte schwer zu eruieren sein. War es der Ministerpräsident? Wer seine übliche Redegeschwindigkeit kennt, ist geneigt, zu sagen: eher nicht. Oder war es der ehemalige Ministerpräsident Günther Oettinger, gehandelt als möglicher Wirtschaftsminister im Kabinett Merkel, der auf der A 5 zum Bewerbungsgespräch rast?

Dieselkritische Geister hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass die Feinstaubbelastung die Mortalitätsrate der belasteten Anwohner stark in die Höhe treibt.  Die Schuld mag man vor allem auch beim politischen Personal sehen, das sich offensichtlich weigert, diesem Übel entschlossen zu begegnen.  Doch muss das nicht zwingend so sein.

Trotzdem wird vor Entwarnung gewarnt.

Denn wer als Wähler bis dato nicht Opfer der Dieselabgase geworden war, der hätte an diesem verregneten Tag auf der A 5  durchaus Gefahr laufen können, durch die Fahrpraxis unserer Amtsträger zu Schaden zu kommen. Und zwar nachhaltig.

Allgemein Kultur

„…und niemals mehr wird es einen geben, der ihm gleicht…“

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„Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener“  – Teil 1

Die große Landesausstellung im Historischen Museum der Pfalz/Speyer

Immer wieder hatten wir auch über die Pfalz berichtet. Über ihre sonnendurchfluteten Weinberge. Über die Dörfchen, darin Wohlstand und Gemeinwohl gedeihen. Über ihre Rieslinge, die zu den Besten der Welt gehören. Ihre Städte, deren Bürgersinn und Charme  viele verleiten, immer wieder hier her zu kommen. Nicht zu vergessen auch der unergründliche Pfälzer Wald mit seiner andächtigen Stille.

Weingartner Welfenchronik

Doch das haben nicht alle so empfunden  Manch einer wäre froh gewesen, er hätte die Pfalz nie gesehen.  So z. B. der englische König Richard Löwenherz, der, vom 3. Kreuzzug aus dem Hl. Land zurückkehrend, versuchte, sich im garstigen Winter des Jahres 1192 auf dem Landweg ins Herrschaftsgebiet seines Schwagers, Heinrichs des Löwen, nach Bayern durchzuschlagen. Die Zeit drängte, denn die Nachrichten, die aus England kamen, waren besorgniserregend. Sein Bruder, Johann Ohneland, hatte versucht, sich seines Königreiches zu bemächtigen.

Dieser war in zweifacher Hinsicht zu kurz gekommen. Zum einen war er bei der Vergabe von Herrschaftserbe übergangen worden, zum anderen maß er lediglich 1,55 m. Kein Wunder, mag man sagen, war er doch der Urenkel von Robert II., der den Beiname ‚Kurzhose’ trug. Jedenfalls war Johann von der Statur her nicht zu vergleichen mit seinem Bruder Richard, der, mit einem Gardemaß von fast zwei Metern gesegnet, als der größte und kampfstärkste Ritter seiner Zeit galt. Und zudem, so scheint es, war er Muttis Liebling.

So sah Mann aus. Damals.

Von Johann Ohneland war auch sonst nichts Gutes zu erwarten. Immerhin reichte es für eine Legende. Während der Abwesenheit seine Bruders, so hieß es, trieb er es mit seinen Untertanen wohl gar zu bunt, weshalb im Wald von Sherwood Forrest, so weiß die Sage, eine Gestalt namens Robin Hood auftaucht. Zum einen sah sich der als Anführer der geknechteten Untertanen. An sich schon ein Verdienst. Dann aber führte er, wie wir wissen, als Robin Hood die grüne Strumpfhose in die Weltgeschichte ein.

Doch zurück zu Richard Löwenherz, dem Größten Kämpfer der damaligen Welt. Bei seinem Versuch, feindliches Gebiet zu durchqueren, um nach Hause zu eilen, wurde er in Erdberg bei Wien erkannt und festgenommen. Seine Diener hatten wohl versucht, mit morgenländischem Geld zu bezahlen. Zunächst wurde er für längere Zeit in Dürnstein festgesetzt, um dann auf die Pfälzer Burg Trifels verbracht zu werden, von wo aus im Folgenden zähe Verhandlungen betreffs des Lösegeldes geführt wurden.

Seine Verhandlungsposition war angesichts der Liste der Verfehlungen, die man ihm vorwarf, wohl denkbar schlecht…

 

(Teil 2 gibts demnächst)

http://museum.speyer.de/startseite/

Allgemein Auswärts Kultur

„…und niemals mehr wird es einen geben, der ihm gleicht…“

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„Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener“  – Teil 2

Die große Landesausstellung im Historischen Museum der Pfalz/Speyer

Die Burg Trifels

Seine Verhandlungsposition war angesichts der Liste der Verfehlungen, die man ihm vorwarf, wohl denkbar schlecht.

Da half auch nicht, dass er, in der Gefangenschaft mit der horrenden Lösegeldsumme von 100 000 Mark Silber (23 Tonnen!) konfrontiert, vorschlug, das Ganze mit einem ritterlichen Zweikampf aus der Welt zu schaffen. Mögliche Gegner reagierten voller Entsetzen auf diesen wohlgemeinten Vorschlag, und so blieb seiner resoluten Mutter Eleonore von Aquitanien nicht anderes übrige, als das verlangte Lösegeld bei den Untertanen einzutreiben. Schließlich ging es darum, ihren Sohn wieder seiner ursprünglichen Aufgabe zuzuführen: zu herrschen und zu kämpfen.

All dies und noch viel mehr ist jetzt in einer wunderbaren Ausstellung im „Historischen Museum der Pfalz“ zu sehen. Das Museum liegt am unmittelbaren Rand der Altstadt, schräg gegenüber dem Speyerer Dom, der Kohl’schen Hauskapelle.

Dort hat man, nach langer, allzu langer Zeit, wieder einmal eine wirklich große Ausstellung zusammengestellt. Die letzte war die Salierausstellung 2011. Es ist – das darf man jetzt ruhig einmal so flapsig sagen – ein Riesending geworden. Diese nicht allzu lange Zeit der Haft des englischen Königs auf einer Stauferburg hat man zum Anlass genommen, das Hochmittelalter in einer wunderbaren Ausstellung vorzustellen.

Auf ca 1000 qm werden dem Besucher 180 liebevoll aufbereitet Exponate präsentiert. 83 Leihgeber aus sieben europäischen Ländern hatten sich von ihren Exponaten vermutlich schweren Herzens getrennt. Selbst die Queen findet sich im Verzeichnis der Leihgeber. Gestaltet wurde die Ausstellung vom Team rund um den Direktor Dr. Alexander Schubert. Ein ebenso personenreicher und wie kompetenter Beirat hat geholfen, dass auch alles sein Richtigkeit hat, darunter so prominente Namen wie der Verfasser der großen Löwenherz-Biographie, Prof. John Gillingham, sowie einem einer der großen Männer der deutschen Mittelalterforschung, Prof. Stefan Weinfurter, der zu Beginn der Pressekonferenz das Phänomen Richard Löwenherz dahingehend einordnete: groß und blauäugig sei er gewesen und habe so dem Idealtypus der höfischen Ritterkultur des 12. Jahrhunderts entsprochen. Weiter könnte man ihn als Idealfigur des englischen Königtums sehen, dessen Verbindungen sich überwiegend nach Frankreich erstreckten. Schließlich lagen zweidrittel der Besitzungen der englischen Krone auf dem Festland, also dem heutigen Frankreich.  

Das Herzkästchen

Und dann sei die Zeit auch noch reif gewesen für die Mythenbildung. Vielleicht auch für das, was wir heute Ritterromantik nennen, wofür ja z.B.  das „Bleikästchen für das Herz von Richard Löwenherz“  steht, das, so hatte der Sterbende eben noch bestimmen können, in Rouen bestattet zu werden. Dort waren ihm die Bewohner immer treu ergeben.

Ganz anders als die Einwohner der abtrünnig gewordenen Stadt Châlus. Für die blieben nur die Gedärme.

http://museum.speyer.de

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