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Allgemein Auswärts Kultur

Der Märtyrer

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Wie die Katholische Kirche versucht, Werbung für ihre Sache zu machen

Wer die schöne Stadt Würzburg besucht und dort von einem Regenguss überrascht wird, dem könnte es passieren, dass er sich auf der Suche nach einem trockenen Plätzchen oder gar spiritueller Erbauung sich in der Marienkapelle wiederfindet.

Dort erwarten ihn, gleich neben dem Eingang,  außer dem Schutz vor Nässe, zudem noch ausgelegte Postkarten, die den Hl. Aquilin zeigen, den man als in Würzburg geborenen Heiliger sehr verehrt und dessen Haupt von einem goldenen Strahlenkranz geziert wird. Vor allem aber fällt der im Hals steckender lange Dolch auf, der auf die Todesart des 1018 in Mailand gemeuchelten Märtyrers hinweist.

Der eine mag diese Postkarte als lieben Urlaubsgruß an die Daheimgebliebenen verwenden. Der andere sieht darin vielleicht eher das Beispiel eines wenig gelungenen Glaubens-Marketings seitens der katholischen Kirche.

Bevor mir allerdings die Kirche Schutz bot, hatte ich mich zuvor noch, bereits ziemlich durchnässt, in ein Geschäft gerettet, das anlassbedingt Regenschirme für € 1 im Sortiment führte. Von diesem günstigen Regenschirm versprach ich mir einen ersten Schutz vor dem Unbill der Witterung.

Als ich den Schirm dann vor dem Betreten der Kirche hastig zusammenklappte, klemmte ich mir den Finger ein, was ziemlich blutete und mir das Martyrium des hl. Aqilins ein kleines Stück weit nachvollziehbar machte. Ein Außenstehender mag flapsig konstatieren: hier wie dort starker Blutverlust.

Doch kann man das nur bedingt vergleichen. Vor allem schon deshalb nicht, weil es von mir mit meinem um den Finger gewickelten blutigen Tempotaschentuch ganz bestimmt keine Postkarten geben wird.

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„…und niemals mehr wird es einen geben, der ihm gleicht…“

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„Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener“  – Teil 2

Die große Landesausstellung im Historischen Museum der Pfalz/Speyer

Die Burg Trifels

Seine Verhandlungsposition war angesichts der Liste der Verfehlungen, die man ihm vorwarf, wohl denkbar schlecht.

Da half auch nicht, dass er, in der Gefangenschaft mit der horrenden Lösegeldsumme von 100 000 Mark Silber (23 Tonnen!) konfrontiert, vorschlug, das Ganze mit einem ritterlichen Zweikampf aus der Welt zu schaffen. Mögliche Gegner reagierten voller Entsetzen auf diesen wohlgemeinten Vorschlag, und so blieb seiner resoluten Mutter Eleonore von Aquitanien nicht anderes übrige, als das verlangte Lösegeld bei den Untertanen einzutreiben. Schließlich ging es darum, ihren Sohn wieder seiner ursprünglichen Aufgabe zuzuführen: zu herrschen und zu kämpfen.

All dies und noch viel mehr ist jetzt in einer wunderbaren Ausstellung im „Historischen Museum der Pfalz“ zu sehen. Das Museum liegt am unmittelbaren Rand der Altstadt, schräg gegenüber dem Speyerer Dom, der Kohl’schen Hauskapelle.

Dort hat man, nach langer, allzu langer Zeit, wieder einmal eine wirklich große Ausstellung zusammengestellt. Die letzte war die Salierausstellung 2011. Es ist – das darf man jetzt ruhig einmal so flapsig sagen – ein Riesending geworden. Diese nicht allzu lange Zeit der Haft des englischen Königs auf einer Stauferburg hat man zum Anlass genommen, das Hochmittelalter in einer wunderbaren Ausstellung vorzustellen.

Auf ca 1000 qm werden dem Besucher 180 liebevoll aufbereitet Exponate präsentiert. 83 Leihgeber aus sieben europäischen Ländern hatten sich von ihren Exponaten vermutlich schweren Herzens getrennt. Selbst die Queen findet sich im Verzeichnis der Leihgeber. Gestaltet wurde die Ausstellung vom Team rund um den Direktor Dr. Alexander Schubert. Ein ebenso personenreicher und wie kompetenter Beirat hat geholfen, dass auch alles sein Richtigkeit hat, darunter so prominente Namen wie der Verfasser der großen Löwenherz-Biographie, Prof. John Gillingham, sowie einem einer der großen Männer der deutschen Mittelalterforschung, Prof. Stefan Weinfurter, der zu Beginn der Pressekonferenz das Phänomen Richard Löwenherz dahingehend einordnete: groß und blauäugig sei er gewesen und habe so dem Idealtypus der höfischen Ritterkultur des 12. Jahrhunderts entsprochen. Weiter könnte man ihn als Idealfigur des englischen Königtums sehen, dessen Verbindungen sich überwiegend nach Frankreich erstreckten. Schließlich lagen zweidrittel der Besitzungen der englischen Krone auf dem Festland, also dem heutigen Frankreich.  

Das Herzkästchen

Und dann sei die Zeit auch noch reif gewesen für die Mythenbildung. Vielleicht auch für das, was wir heute Ritterromantik nennen, wofür ja z.B.  das „Bleikästchen für das Herz von Richard Löwenherz“  steht, das, so hatte der Sterbende eben noch bestimmen können, in Rouen bestattet zu werden. Dort waren ihm die Bewohner immer treu ergeben.

Ganz anders als die Einwohner der abtrünnig gewordenen Stadt Châlus. Für die blieben nur die Gedärme.

http://museum.speyer.de

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Tot mit Anstand

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„Das Duell – Zweikampf um die Ehre“. Eine Ausstellung im ‚Wehrgeschichtlichen Museum‘ in Rastatt

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Mal wieder Rastatt besuchen? Wer so etwas vorschlägt, dem kann es passieren, dass er sich mit fragenden Blicken konfrontiert sieht. Rastatt was…? Und dabei hat Rastatt mit einigem aufzuwarten. Erst einmal mit einer beeindruckenden Kneipendichte, dann aber auch mit einer bemerkenswerten Anzahl Eisdielen, die – wie man so sagt – ein breitgefächertes Angebot bereithalten. Sogar die giftgrünblaue Eissorte ‚Schlumpf’ gibt’s in Rastatt zu kaufen.

Aber sonst? Gut, da wäre dann noch das mächtige Schloss des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, auch ‚Türkenlouis’ genannt. Der hatte sich seinen Namen verdient, indem er mithalf, die Türken vor Wien zu schlagen und so verhindert, dass Westeuropa muslimisch wurde. Das christliche Abendland war erst mal gerettet. Das ist nun schon ein Weilchen her.

Das Schloss ist trotzdem einen Besuch wert, denn vor kurzem eröffnete das dort beheimatete ’Wehrgeschichtliche Museum im Schloss Rastatt’ unter der Leitung von Alexander Jordan die unbedingt besichtigungswerte Ausstellung „Das Duell – Zweikampf um die Ehre“. Denn um die ging es, wenn sich ab dem 17. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg Männer in eben dieser Ehre verletzt sahen und Satisfaktion einforderten. Anfänglich kämpfte man noch mit dem Degen, dann aber bald mit Pistolen. Die versprachen größere Chancengleichheit.

Der Anlass konnte – nach heutigem Verständnis – durchaus nichtig sein. Ein falsches Wort, eine vielleicht unbeabsichtigte Kränkung. Aber natürlich war auch nicht gern gesehen, wenn der andere mit der eigenen Frau anbändelte. Das fand manch einer schon damals unpassend.WGM_Ausstellung_DasDuell_Barney_Presse

Einer der prominentesten Liebes-Opfer war der Sozialist Ferdinand Lassalle, der wohl um die Hand einer Angebeteten anhielt, von deren Vater aber abgelehnt wurde. (Das Lexikon nennt das in diesem Zusammenhang ‚sequestieren’, was wohl auch heißt: sie wurde unter Zwangsverwaltung gestellt’…) Jedenfalls fühlte sich der Vater in seiner Ehre gekränkt und forderte von Lassalle Genugtuung. Das ging schief. Von einer Kugel in den Unterleib getroffen starb Lassalle drei Tage später. So verlor auf dem ‚Feld der Ehre’ ein Liebender sein Leben, die Geliebte einen möglichen Gatten und die Arbeiterschaft einen energischen Vorkämpfer für Arbeiterrechte: „sicher einer der bedeutendsten Kerle in Deutschland“ (Friedrich Engels). Und all das wegen eines Duells.

Auch in diesem Fall war es wohl so, dass der Herausgeforderte sich gar nicht duellieren wollte, sich aber gezwungen sah. Dies mag mehr als einmal vorgekommen sein. Wie übel sich der eine oder andere wohl in der Nacht zuvor fühlte, kann man nachlesen in Arthur Schnitzlers ‚Leutnant Gustl’.Jean-Léon_Gérôme_-_Duel_After_a_Masquerade_Ball

In der Ausstellung ist die Geschichte des Duells bestens erläutert und bebildert. Ergänzt wird das Ganze durch eineDueling_pistols Vielzahl von teils schmuckvollen Exponaten. Schwerter, Degen, Pistolen. Weiter sehen wir in historischen Anleitungen, wie man sich im Falle einer solchen Auseinandersetzung zu verhalten hat. Wann und wo wird gefochten? Sekundanten, Arzt, Schiedsrichter: wer wird gebraucht? Alles war strikt geregelt. Selbst wie viele Schritte vor dem Schuss zu gehen sind. Wie man steht ist geregelt und auch wie man fällt („mit Anstand“).

So zieht sich die Geschichte des Ehrhändels noch hin bis ins Dritte Reich, als sich, historisch überaus spät, noch zwei Offiziere aus dem Generalstab in die Wolle gerieten und sich duellieren wollten. Zum Sekundanten wünschte sich der eine aber wohl Adolf Hitler. Das hätte er mal besser gelassen. Denn das ging dem Führer dann doch zu weit. So riet der Kriegstreiber Hitler in diesem besonderen Fall dringend dazu, gefälligst abzurüsten und Frieden zu schließen.

Das war, wie wir wissen, beim GRÖFAZ die absolute Ausnahme.

Eine andere war 1868 das Duell zweier Edelprostituierten, Marie P. und Aimee R.. Dabei ging es – so der Ausstellungstext – „um das Herz und die Börse eines reichen Mannes“. Das Duell endete mit einem Schuss in den Oberschenkel von Marie P., worauf Aimee R. als Siegerin vom Platze schritt, danach ihren Beruf aufgab und heiratete.

Mehr konnte man von einem Duell nicht erwarten.

 

 

 

 

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Besuch im Gestern – ein Besuch in Lissabon Teil 1

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640px-Panorama_Lisbonne_08-12-2007Über 100 000 ‚follower‘ hat jetzt unsere Seite, d.h.: 100 000 Leute haben uns schon angeklickt. Zeit für Urlaub. Jetzt aber los.

Nun gut. Es ist nicht die allererste Adresse, die ich mir bei der Suche nach einem Appartement in Lissabon ausgesucht habe. Dafür liegt es in der ‚Alfama’, sehr zentral also und historisch bedeutsam. Das Haus, in dem ich Quartier genommen habe, lehnt sich mit dem Rücken unmittelbar an die alte Stadtmauer. Es war die Nähe zum Hafen und die königlichen Quelle, die die Gegend für die Eroberung der Neuen Welt nicht ganz unwichtig machte. Hier fassten die Schiffe vor dem Auslaufen Trinkwasser. Sicher, die Bleibe ist günstig. Dafür gibt’s einen Fernseher, WLAN, ein kleines Bad und ein Schlafzimmer. In der Küche vermisse ich den Eisschrank, dafür habe ich eine Waschmaschine, die den Begriff ‚Weiße Ware’ so recht nicht mehr verdient. Sie stammt aus der Zeit, als Bauknecht noch wusste, was Frauen wünschen. Unten lärmen Kinder, Omas rufen sich über die Gasse Wichtiges zu. Straßenleben.

Als mir dann gleich nach dem Bezug des Appartements das zum Trocknen vor’s Fenster gehängte Handtuch auf den Balkon des unter mir wohnenden Mieters fällt, entfaltet die Gegend ihren eigenen Charme. Zunächst habe ich den Verlust des Handtuchs gar nicht bemerkt. Als ich dann in die Wohnung zurückkehre, erblicke ich beim Nähertreten vor dem offenen Fenster einen Angelhaken, an dem das gute Ding hängt. Der über mir wohnende Nachbar, offensichtlich ein erfahrener Angler, hatte mein Handtuch auf dem unteren Balkon bemerkt und mit der konzentrierten Kompetenz eines vormaligen Seefahrers das flauschige Weis mit dem Angelhaken gefasst und dann für mich auf Blickhöhe gehoben. Nachbarschaftshilfe.20160516_195726

Dann gibt es unten in der kleinen, gepflasterten Strasse noch eine Art Loch in der Hauswand. Dahinter befindet sich offensichtlich ein kleiner Saal. Überschrieben hat man das Ganze mit ‚EVOHE’, was bei Jacques Offenbach der Ruf des Bacchanten meint. Aus diesem Loch kommen und gehen, ähnlich wie Fledermäuse, eine unendliche Menge an jungen Menschen, die ans Licht getreten, im Freien Bier aus der Flasche trinken und Selbstgedrehte rauchen. Es handelt sich dabei wohl um eine Art Trainingslager für kommende Schauspieler, und als ich vorsichtig frage, was gespielt wird und ob auch Shakespeare vorkäme, belehrt man mich ernst und freundlich: man spiele sich selbst. Also wohl eine Art ‚method acting’. Mit dem Ausdruck können sie nichts anfangen. Man bittet mich aber umgehend ins Inner der Höhle. Dort sitzt gleich hinter dem Tor ein nettes Mädchen an einem runden Tisch und bietet mir an, doch meine Mailadresse zu hinterlassen. Anfang Juli wird gezeigt, was man gelernt hat. Die Methode sucht also offensichtlich noch Publikum.

Nicht weit von meiner Bleibe öffnet sich ein undurchschaubares Gewirr von Gassen, dessen chaotischer Verlauf nur von denen verstanden wird, die hier geboren sind. Es handelt sich dabei um das alte Judenviertel, das, so steht zu vermuten, kurz vor der Gentrifizierung steht. Die Bevölkerung von Lissabon, arm an Industrie, bezieht wohl die überwiegenden Einkünfte aus dem Tourismus, und so schiebt sich langsam aber sicher die Touristenwelle auch noch in die entlegeneren Stadtteile. Vor allem scheint zunehmend die gestresste Jugend Europas in Lissabon die verdiente Entspannung zu suchen. Jedenfalls konnte man diesen Eindruck gewinnen, denn in einem barähnlichen Lokal hatten sich neun ca 13 Jahre Mädchen aus Deutschland zum Latte Macchiato eingefunden, um dort gemeinsam in Modezeitschriften zu blättern und mit den Handys zu hantierten. Man hat eine schöne Zeit. Lissabon ist auf dem besten Weg, zu einer ‚Destination’ zu werden.

20160521_175212Doch ist mir weniger nach neuzeitlichen Lolitas als nach den noch verbliebenen Ureinwohnern. Diese entdeckte ich nach längerem Suchen in einem ganz alten Lokal mit dem Namen. ‚Nova Alfama’. Diese Adresse ist also offensichtlich von der Neuzeit noch nicht erfasst. Hier scheint also des Volkes wahrer Himmel, der, und das ist offensichtlich, vor allem von Einheimischer bevölkert wird. An zwei Tischen eine ganze Familie. Das sollte einen nicht wundern, denn der Reiseführer hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass man sich mit Portugiesen schlecht verabreden kann, denn immer stünde die Familie im Vordergrund. Hier also trifft man sich. Gut gelaunt und bestens bekannt.

Wie wird es weitergehen mit dem Essen? Mehr demnächst. Hier.

 

 

 

Foto Lissabon mit freundlicher Genehmigung durch:

Von I, Tonperenstring, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2346368

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