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Allgemein Kultur

Vom lauten Rühren in der Buchstabensuppe

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Warum wollen alle Dichter aus ihren Werken laut vorlesen?


Eine Bekannte von mir schreibt kleine Geschichten. Diese handeln meist vom alltäglichen Leben. Es kommen darin Kinder vor, Nachbarn. Aber auch Dinge, die ihr auffallen, sie ärgern, amüsieren. Manchmal sind diese Geschichten lustig, öfter aber auch mal traurig. In jedem Fall sie sind gut zu lesen, zumal in den Geschichten kaum Fremdwörter vorkommen. So muss man selten Wörter nachschlagen, die man noch nicht kennt. Kurz, es spricht nichts gegen dieses Hobby, das uns, gibt sie uns diese Geschichten zum lesen, richtig Freude macht.

Nun muss ihr aber irgendjemand den Floh ins Ohr gesetzt haben, dass man diese Texte auch öffentlich vortragen kann. Das wäre an sich ja noch nichts Besonderes, hätte sie nicht einen recht großen Freundeskreis, bei dessen Anlässen sie neuerdings irgendeine Geschichte „zum Vortrag bringen könnte“ – so die Formulierung, mit der so eine Lesung meist etwas umständlich angekündigt wird.


Der Aufwand bei so einer Lesung ist ja überschaubar. In der Regel braucht sie einen Stuhl, einen kleinen Tisch, und – ganz wichtig – eine Lampe. Was sie immer schön findet ist zudem eine Blumenvase mit ein paar Blümchen drin, die sie im Laufe des Vortrags immer mal wieder liebevoll betrachtet.


Nun mag der Leser (oder in seiner weiblichen Form die ‚Leserin‘) einwenden, was dagegen spreche, dass jemand Geschichten schreibt und diese auch noch vorliest. Da muss ich sagen: eigentlich nichts. Die Vortragende liest in der Regel ja nicht laut, niemand hat Anlass, sich gestört zu fühlen. Auch wird die Luft nicht verschmutzt; die Vortragende (wie im vorliegenden Fall) liest ja nicht im Fahren.
Soweit so gut.


Jetzt aber kommt das große Aber. Meine Bekannte liest schlecht. Das ist kein Problem, wenn jemand einem anderen mühsam die Schrift einer unleserlichen Postkarte dechiffriert. Anders wiederum verhält es sich, wenn eine noch ziemlich unbekannte Dichterin mit vergleichsweise großer Euphorie aus eigenen Werken vorträgt, von denen man vortragsbedingt wünscht, dass das Werk gefälligst bald aufhöre. Meist liest sie etwas hastig, manchmal aber schleppt sie auch. Und immer wieder kommt es vor, dass sie vom selbst gesetzten Komma überrascht scheint. An anderer Stelle wiederum scheint diese den Satz gliedernde Hilfe schmerzlich vermisst zu werde. Manchmal geht ihr sogar die Luft aus, bevor der offensichtlich zu lange Satz endlich ein Ende findet. Dann kuckt sie schon etwas früher zu den Blumen in der Vase.

Nun ist sie nicht die einzige, die sich in der Kunst des Vortrags gefällt. Die Kulturwelt ist voll davon. So auch in Klagenfurt anlässlich des „Ingeborg Bachmann Preises“, bei dem es in der Regel zu schwer verdaulichen Darbietung von an sich nicht einfacher Literatur handelt. Wer sich jemals der Tortur unterzogen hat, so eine Lesung im Fernsehen zu verfolgen, der fragt sich, warum sich die LiteratenInnen dort nicht nur traditionell zum Schwimmen in den Wörthersee begeben, sondern die Texte durch ihren Vortrag anlassbedingt auch noch gleich mit versenken.
 

Doch sollte man eine so schwere Kritik nicht ohne Erwähnung des besser Möglichen in den Raum stellen. Als beispielhaft gute Vortragende eigener literarischer Hervorbringungen dürfen z.B. gelten Günter Grass, Ernst Jandl und Walter Jens. Aber das sind wahrhaft rare Ausnahmen. Der Rest ist besser Schweigen.


Es mag die vortragenden DichterInnen schmerzen. Sie schaden ihren Texten durch ein Vortragen eigener Texte meist mehr als dass sie diesen nützen. So könne es z.B. sein, dass der Text keineswegs so einfach gebaut ist, wie der Schöpfer sich das vorstellt. Der Prozess des Hervorbringens ist meist komplex, und selten macht sich der Verfasser die Mühe, das Fabrizierte sich selbst laut vorzulesen. Max Brod erzählte, dass Kafka seiner Texte vorgelesen hätte, allerdings immer nur im Kreise seiner drei Prager Freunde. Flaubert hingegen liebte den Vortrag laut. Von ihm ist bekannt, dass er jeden einzelnen Satz seine ‚Madame Bovary‘ laut aus dem Fenster gebrüllt hätte. Verständlicherweise ist dann daraus ja auch große Literatur geworden!


So weit geht meine Bekannte nicht. Sie wohnt eher beengt und muss fürchten, dass ein lautes Deklamieren die Nachbarn stört. Aber vielleicht ist der Text tatsächlich so einfach nicht, wie die Verfasserin es sich vorstellt, und kein Mitbewohner rät dann dazu, das Gebotene schlichter zu fassen, ggf klarer zu strukturieren. Das Ergebnis ist dann so, wie ich es eben beschrieben habe.


Und in der Tat ist das eine oder andere Werk tatsächlich schwer vorzutragen. So hat man nie davon gehört, dass z.B. Arno Schmidt je aus ‚Zettels Traum‘, oder James Joyce aus dem ‚Ulysses‘ gelesen hätte. Auch Marcel Proust hätte bei seinem Opus Probleme gehabt, Sätze, die sich über eine halbe Seite erstrecken, schlüssig zu vermitteln. Muss ja auch nicht sein, wenn man seine Fähigkeiten aufs Literarische beschränkt. Aber auch die Schöpfer anderer Kunstwerke übten sich in angebrachter Bescheidenheit. Ist z.B. jemandem zu Ohren gekommen, dass Rembrandt etwa „Die Nachtwache“ erklärt oder Wagner aus eigenen Opern vorgesungen hätte? Eben.


Heute Abend also wieder so ein Vortrag meiner Bekannten. Natürlich liest sie aus eigenen Werken. Man erwartet mich. Ich werde zeitig da sein. Es gibt Kaffee und Kuchen.

Allgemein Kultur Texte / Poesie

Bloggen in Zeiten der Krise Folge 2

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Der Mann ganz vorn        Folge 2

Doch noch war es nicht soweit. Noch stand er Mitten im Leben. Ein Mann voller Gestaltungswillen, für den es zunächst aber einmal galt, zum Ort des Geschehens zu gelangen. Normalerweise kein Thema, bedurfte es im vorliegenden Fall allerdings der Hilfe anderer, denn von heute auf morgen sah er sich plötzlich außerstande, mit eignem Wagen anzureisen. Er hatte das Selbstfahren eingestellt. Warum dem so war, wusste damals keiner so genau (es gab Mutmaßungen), und auch heute noch hüten die Mauern der Stadt dieses Geheimnis. Jedenfalls war fortan ein Heer von Fahrern mit den allfälligen Transportaufgaben betraut, was nicht nur seiner natürlichen Sparsamkeit entgegenkam, sondern ihn in beschwingtem Zustand auch nie in die Verlegenheit brachte, selbst fahren zu müssen. Das sollten fortan andere für ihn erledigten.

Da das Haus im Zuge fortgesetzter Sparmaßnahmen seit längerem auf eigene Fahrer verzichtet hatte, oblag es fortan der jeweiligen Produktionsfirma, ihn mittels eines Fahrdienstes oder eines Taxis zum Produktionsort zu verbringen. Noch zuhause, erwartete er also ungeduldig die Ankunft des Fahrers, griff dann aber alsbald zum Handy und bat die Dame der Produktionsfirma am entfernten Produktionsort, ihn über die hoffentlich baldige Ankunft des Fahrzeugs vor seinem Haus in Kenntnis zu setzen, denn es stünde vor seinem Haus ein Baum, der ihm die freie Sicht auf den Parkplatz stark einschränke. Bei dem momentan herrschenden Regenwetter sei ihm ja wohl kaum zuzumuten, vor dem Haus stehend auf die Ankunft des Fahrers zu warten.

Mochte dieses kleine Ereignis noch als Marotte durchgehen, so wies es dennoch auf den Sachverhalt hin, dass sich sein Leben ohne Selbstfahren stark verkomplizierte. Denn diese Einschränkungen hatten auch Auswirkungen auf andere Aspekte seines Lebens, z.B. seine Freizeit.

Dankbarkeit ist eine schöne Sache. Umso schmerzlicher, wenn sie ausbleibt. An dieser hatte es ein Kollege wohl fehlen lassen, als er davon ausgehen zu können glaubte, dass der Kollege die Freikarten für den F 1 Lauf ja schließlich kostenlos erhalten hätte, es also keiner besonderen Geste der Dankbarkeit bedürfe. Das mochte man so sehen, dessen ungeachtet aber neigte sich die Zeit der Freizügigkeit schneller dem Ende zu als geglaubt, und plötzlich fand sich ein anderer am Steuer des Wagens Richtung Hockenheim. Der war ich.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, und so sollten wir uns nicht ganz ungeschützt auf den Weg zum Rennen machen. Als ich meinen Wohltäter zuhause abholte, widerfuhr uns beiden gleichermaßen eine große mütterliche Geste der Hausherrin, die uns ohne belegte Brote und wasserabweisende Kleidung nicht ins Renngeschehen entlassen wollte. So hielt sie für, den Fahrer, einen nach starker Gummierung riechenden Umhang bereit. Dieser konnte bei Bedarf ohne größere Umstände übergeworfen werden und schützte so den Träger selbst gegen plötzlich aufkommenden Platzregen. Etwas anders die ebenfalls gummierte Schutzkleidung, die sie für ihren Gatten vorgesehen hatte. Es war eher ein Anzug, bestehend aus einer Hose nebst Jacke, großzügig geschnitten, in Signalfarben und eigentlich sturzwasserresistent. Allerdings galt es im Falle eines möglichen Einsatzes , in die Kombi hineinzuschlüpfen; keineswegs war sie vorgesehen, einfach übergeworfen zu werden. Dies sollte allerdings, soviel schon einmal vorneweg, beim anstehenden Ernstfall zu einem dramatischen Wassereinbruch führen.

Vervollkommnet wurde ein möglicher Einsatz der Schutzkleidung durch die Beigabe zweier gekühlter Büchsen Bier. Auch dies durfte man als überaus freundliche Geste werten. So zogen wir denn los, in freudiger Erregung.

Selbst die besseren Plätze bei solch einem teuren Event halten dem Anspruch nicht stand. So saßen wir auf nacktem Beton, jeder auf einem Schaumgummikissen, das man in der Mitte zusammenklappen konnte und das mit einem praktischen Henkel versehen war. Jeder hatte € 15 bezahlt. Ich habe das Kissen heute noch, hatte es allerdings danach nie mehr benutzt. Neben uns eine Familie mit Klappstuhl, auf dem der Vater saß. Es war die große Zeit von Michael Schumacher; die Schumi-Begeisterung war auf dem Höhepunkt. Überall trugen die Fans ‚Schumi T-Shirts’, ‚Schumi-Schals’ und was dergleichen an Fanartikel noch mehr war. Einige der Fans aber waren zu betrunken, um das eigentliche Rennen sitzend verfolgen zu können. Mit Fanartikel reichlich verziert lagen sie schlafend hinter der starken Mauer, Meter unterhalb unserer harten Sitzplätzen, die immerhin freie Sicht boten. Der Kleine neben uns sagte: „Boah, Vaddi, boah“. Der Vater neigte sich etwas nach vorne, hin zu seinem Kleinen, und befeuerte noch dessen Euphorie indem er sagte: „Geil, eh?“, worauf der Kleine strahlte und seine Schumi Söckchen hochzog. Noch schien die Sonne.

Dann aber, als bange Regenwolken sich verdichteten, öffnete der Himmel unvermittelt seine Schleusen. Wir waren vorbereitet. Doch zeigte sich im Einsatz, dass ich in meinem Überwurf um Welten besser geschützt war als mein Begleiter, der sich beim überstürzten Einkleiden panisch verhedderte, so dass er erst unmittelbar vor Ende des Ergusses zwar total durchnässt, aber immerhin rechtmäßig gekleidet sich auf der Tribüne wiederfand. Im ersten Renndrittel durfte er freilich darauf zählen, dass die jetzt stechende Sonne unsere Umhänge trocknete, was aber mit sich brachte, dass der Geruch des aufgeheizten Gummis zunehmend penetranter wurde.

Diesen Geruch wurden wir während des ganzen Rennens nicht los…

 

Demnächst mehr!

Allgemein Kultur Musik

„Freude in das Kinderland“

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Wie die Hohner Melodica einmal die deutschen Kinderzimmer zum Klingen brachte

Ein Herr Dr. Dorner war 1958 Leiter der Abteilung Metallbau-Akkordeon bei der Firma Hohner.  Um die Firma zukunftssicher zu machen, kümmerte er sich vorrangig um die  Entwicklung neuer Instrumente. Das Gestalten der Zukunft – eine durchaus verantwortungsvolle Aufgabe.

Und doch: wer Zukünftiges denken soll, darf den Blick ruhig auch einmal auf die Vergangenheit richten. Dort richtete sich sein Blick womöglich auf den  Urahn der Dynastie, Matthias Hohner, der 1833 geboren war und mit seiner Gattin Anna dreizehn Kinder hatte. Vielleicht war es gerade diese Vorstellung, dass in grauer Vorzeit – das Land war arm – auf der Baar dreizehn junge Münder am selben Blockflötenmundstück nuckelten? Jedenfalls reifte in dem Ingenieur, neben der Erfindung der Melodica, auch die Idee, das Instrument mit unterschiedlich farbigen Mundstücken auszustatten. So konnte man  drohende innerfamiliäre Verwerfungen vermeiden. Ein Kind, ein Mundstück.

So war es das Jahr 1958, als Hohner das erste Instrument der neuen Instrumentenreihe, die SOPRANO MELODICA, auf den Markt brachte. Ein Instrument mit „Stummeltasten“ aus der Familie der Blasharmonikas, das „den eingeblasenen Luftstrom durch Drücken einer Taste in eine Kanzelle fließen“ lässt, so der damalige Prospekt. Ihr Klang ähnelte schon damals dem Klang eines Akkordeons. Ansonsten liegt man nicht falsch, wenn man in einer Melodica die neuzeitliche Fortschreibung der Idee ‚Flöte‘ sieht. Nicht zu teuer, leicht zu transportieren, einfach zu spielen. Das Plastikinstrument schlug damals ein wie die sprichwörtliche Bombe. Das war schon mal ein guter, ein sehr guter Anfang.

Doch ließ der schöne anfängliche Erfolg die Entwickler nicht ruhen. Schon 1961 schob man eine neue Variante nach. Die PIANO MELODICA. Sie bot zum ersten Mal eine vollwertige Klaviertastatur, war also irgendwie ‚erwachsen‘. Und doch war 1975 die Konkurrenz noch hart wie Holz. 4,3 Millionen Menschen hatten sich der Blockflöten verschrieben, die mit ihrem freundlich frömmelnden Holzton vergleichsweise bieder tönte. Alsbald aber lagen über eine Million Melodicas in deutschen Kinderzimmern. Entweder vom Christkind gebracht oder vom Vati gekauft. Das deutsche Kind war jetzt im Melodica Rausch. Orchester bildeten sich, Kinder musizierten; in Kindergärten, in Schulen, in den Wäldern. Überall wurden jetzt Mundstücke fröhlich eingespeichelt.

Und wie immer mal wieder, hatte die Firma Hohner das Glück des Tüchtigen. So etwa, als eines Tages Stevie Wonder das Hohner Clavinett für sich entdeckte und der Firma einen wahren Verkaufsboom verschaffte. In den 80er Jahren war der Funk ohne das Clavinett kaum vorstellbar. Ob Stevie Wonders ‚Superstition‘, Tina Turners ‚Nutbush City Limits‘ oder Pink Floyd ‚Shine On You Crazy Diamond‘ – wenige Produktionen kommen zu dieser Zeit ohne das Produkt aus Trossingen aus. Selbst dann, als die westdeutschen Kinderzimmer eine gewisse Melodica – Sättigung erreicht hatten, wurde kräftig weiterentwickelt. Nun aber für gehobene Bedürfnisse. Es entstand das ‚Piano 36 Professional‘ und andere, denn jetzt – oh Wunder! – hatte die die Popwelt das Instrument entdeckt. UB 40, Joe Jackson und die Bots, die Hooters und Depeche Mode, sie alle sahen in der Melodica eine willkommene Abrundung ihrer Klänge. Glückliche Zeiten!

Heute ist die Produktlinie auf drei Sparten zusammengeschmolzen, darunter das Modell ‚Airboard‘ in seiner bunt-ansprechenden Farbgebung ‚Rasta‘. Andere sind hinzugekommen. Mittlerweile gibt es auch einen sog. Anblasschlauch, der das kinderverbindende Mundstück überflüssig macht – obwohl es noch auf Lager ist! Selbst die Firma Hammond, bekannt durch Ihre legendäre Hammond Orgeln, hat nunmehr ein ähnliches Instrument im Angebot, freilich ungleich teurer.

Die Firma Hohner aber, jetzt in taiwanesischem Besitz, entwickelt weiter. Neue Produkte kommen auf den Markt, aber man kann fragen, ob die Melodica zu alter Blüte findet. Neue Instrumente wurden seither entwickelt. Keyboards wurden billiger, in ihren Möglichkeiten vielfältiger. Heute werden pro Jahr noch etwa sechzigtausend Melodicas hergestellt, ein deutlicher Rückgang. Warum ist nicht mehr alles so wie früher?

Darüber haben schon viele räsoniert. Z.B. der kaum entnazifizierte Chronist des Hauses, August Lämmle. Der machte schon Mitte der sechziger Jahre in seinem Band „Matthias Hohner – Leben und Werk“ den „Rückgang der Kinderzahl in allen Kulturstaaten“ für derlei Trends verantwortlich. Dadurch sei das Geschäft nicht einfacher geworden, denn schließlich will die Industrie „doch mit ihren Erzeugnissen in erster Linie vor allem Freude in das Kinderland tragen“.

Allgemein Blättern & Rauschen Kultur Texte / Poesie

Der Dichtungsring – dritter Teil

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appllon-mit-lyraUm ehrlich zu sein: wir fanden das gestrige Gedicht von Frau Gebert über die Feiertage zwar vom Zeitpunkt her passend, zugleich aber auch wenig aufbauend. Im Übrigen haben wir uns gefragt, ob Frau Gebert das Gedicht selbst geschrieben hatte. Immerhin kennen und schätzen wir sie eher als Teetrinkerin denn als Freundin von starken Festtagsbieren. Jedenfalls baten wir sie, gerade auf das kommende Wochenende hin, uns lieber ein Zeugnis ihres eher heiteren Schaffens vorzuschlagen. Was sie denn auch gerne tat. Also hier ein neues Gedicht. Fröhlich, wie wir meinen, und gut konsumabel.

Ein schönes Wochenende!

 

 

Blüte und Kolibri

 

Die Blüte sieht den Kolibri

Und denkt, heut’ fliegt der Kurven so wie nie:

‚Der fliegt vielleicht ‚nen heißen Reifen,

als Blüte kann ich’s kaum begreifen.

Als gäb es Schwerkraft nicht und Wind;

Ich schätze mal, der Vogel spinnt’.

 

So spricht die Blüte inhaltsschwer –

Heut mag sie keinen Flugverkehr.

 

Allgemein Blättern & Rauschen Kultur Texte / Poesie

Der Dichtungsring – vierter Teil

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appllon-mit-lyraAlso diese Frau Gebert! Sie erstaunt uns immer mehr.

Hatte sie uns bisher mit leichter, eher süffiger Poesie-Kost verwöhnt, kommt sie uns in ihrem neuesten Werk fast zeitkritisch, abgeklärt, fatalistisch. Dabei, so sagt sie, würde es sich bei ihrem neuesten Gedicht um eine ‚Paraphrase’ handeln. Wir geben das jetzt mal so einfach weiter, jedenfalls bezieht sie sich offensichtlich auf Elemente der Barockdichtung. Der Stil scheint ihr zu liegen, obwohl das Ganze ja etwas zeitbezogen düster daherkommt. Interessant finden wir das von ihr Mitgebrachte allemal. Und außerdem entpuppt sie sich in dem Gedicht als große Weinkennerin. Na sowas.

Wir arbeiten derzeit an einem anderen größeren Thema. Bis das fertiggestellt ist, wollen wir uns am Schaffen unserer reimenden Reinigungskraft erfreuen. Und morgen gibt’s von ihr wieder etwas Heiteres.

„Also hübsch dabeibleiben“, ruft Frau Gebert aus dem Nebenzimmer und grüßt mit dem Wischmopp.

 

 

 

Chateau Lafitte

 

Wenn dumpf die Armut sich erhebt,

und düster hinterm Fenster steht.

Wenn Hunger in den kalten Stuben,

sich paart mit dem Gestank der Gruben:

hernieden gibt’s nicht Wein noch Brot,

vom Osten naht der schwarze Tod.

Der Krieg mit seiner harten Hand,

er peinigt unser Vaterland.

Kein Gott, der noch vom Himmel blickt,

uns Hilfe, Trost und Heimat schickt!

Vom Firmament, da regnets Feuer,

verteuert uns die Hühnereier.

Die ganze Welt ist aus dem Tritt.

Ich dekantier’ ‘Chateau Lafitte’.

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