Schön, wenn der Mensch von Zeit zu Zeit mal wieder ein bisschen vor die Tür geht. Lassen wir das mit dem Wandern jetzt mal weg, könnte sich zur Abwechslung hier der Besuch einer Kneipe anbieten. Erfahrungsgemäß trifft man dort jede Menge Leute, die einem etwas erzählen, was man bis dato so noch nicht wusste. Der Mann z.B., mit dem ich kürzlich ins Gespräch kam, entpuppte sich recht bald als nebenberuflicher Jäger. Dass es sich bei ihm um einen solchen handelt, erzählte er freilich erst nach einer geraumen Weile. Jäger, obwohl sie ja von unbestrittenem Nutzen sind (wie Nutztiere ja auch), sind es irgendwie leid, sich für ihr jägerisches Tun zu rechtfertigen. Da ich ihm seine Jägerexistenz nicht pauschal absprach, kamen wir recht bald ins Plaudern und er erzählte mir von seinem Hund, den er bis vor kurzem noch als Jagdhund abrichten wollte.
Hellhörig geworden, erfuhr ich, dass die Hürden, die der zukünftige Jagdhund bis zu seinem ersten Einsatz nehmen muss, wohl recht hoch sind. Keinesfalls wäre als Erfolg zu verzeichnen, wenn so ein Hund das Leckerli, das man ihm hinhält, auch nimmt. Nein. Es gilt vielmehr, dem Tier die sogenannte ‚jagdliche Brauchbarkeit‘ anzuerziehen. Die aber will irgendwie erarbeitet werden, da das ‚Interesse von Hund und Führer sich häufig unterscheiden‘, so das Fachorgan „Waidwissen“. Dazu bedarf es einer umfassenden Ausbildung, die zunächst einmal recht einfach beginnt. Hört er z.B. nicht gleich aufs Wort, sollte er zunächst den ‚Leinendruck‘ verspüren. Gehorcht er nicht umgehend, lässt ihn ggf ein ‚scharfer Ton (Pfui)‘ innehalten.
Nicht genug. Ferner muss der Hund solche Sachen lernen wie das z.B. ‚Buschieren‘; er lernt das ‚Stöbern‘, arbeitet sich ins ‚Brackieren‘ ein und übt fleißig die sogenannte ‚Bauarbeit‘. Kurz: er eignet sich als Hund einen recht umfangreichen Katalog von Fähigkeiten an, die der Mensch an sich nicht braucht, die er sich aber als Jäger gemeinsam mit seinem Hund erarbeiten muss.
Nicht genug. Eine weitere Stufe der Jagdhundeerziehung wird dann die sogenannte ‚Schussgewöhnung‘ beinhalten. Diese sollte schon bereits ab der Sozialisierungsphase beginnen. So muss sich der Hund bei einem Schuss ruhig verhalten (schussfest), auch darf er bei der Schussabgabe nie den Gehorsam verlieren (schusshitzig) und schon gar nicht – schussscheu! – bei Schussabgabe panisch flüchten – schließlich ist er ja nicht das Wild!
Mein Gesprächspartner hatte mir das bei einem Bier alles in großer Ausführlichkeit geschildert, was meine Achtung vor den Möglichkeiten einer Hundeerziehung noch steigerte. Einen Punkt freilich hätte ich – weil scheinbar selbstverständlich – hier jetzt fast vergessen. Es handelt sich dabei um die sogenannte ‚Leinenführigkeit‘, d.h., der Hund geht nahe bei seinem Herrchen (oder Frauchen), wobei er wohl ‚links vom Führer‘ geht und zwar mit dem‚Kopf auf Kniehöhe‘. Dieser Punkt, obwohl von zentraler Bedeutung, gehört schließlich zum kleinen Einmaleins der Hundehaltung. Selbst ein normaler Hundehalter wird gut daran tun, seinem Hund das beizubringen.
So ist es mehr als verständlich, dass sich mein Gesprächspartner nach so vielen Jahren harter Arbeit mit seinem Hund endlich auf der Zielgeraden wähnte. Da freilich, so nahe vor dem Ziel, passierte es, dass ein großes buntes Herbstblatt vom Baum fiel, worauf der Hund die Prüfung unterbrach und stehenblieb, um das Herabfallen des Blattes mit großem Interesse zu verfolgen.
So kam es, dass der Prüfling zum größten Bedauern aller die Prüfung nicht bestanden hatte. Gelernt aber hatte er statt dessen das Staunen angesichts der Schönheit des Herbstes.