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Geschenkt!

Früher war alles besser? Irgendwie schon.

Stellen wir uns nur mal vor, man wäre früher bei einem befreundeten Ehepaar eingeladen gewesen. Für den Gastgeber hätten man eine CD eigener Wahl mitgebracht, für die Dame des Hauses noch ein Sträußchen beigegeben, und fertig wäre der Lack gewesen. Aber so läuft das nicht mehr.

Gut. Hätte sich das gastgebende Ehepaar vor noch nicht allzu langer Zeit den lang gehegten Kinderwunsch erfüllt, wäre man mit dem Büchlein ‚Der kleine Erziehungsberater’ von Axel Hacke gut beraten (bei Amazon € 1 zugl. € 3 Fracht/ Zustand: ‚wie neu’). Sind die Kinder schon etwas älter, die Mühen der Erziehung also schon länger durchlebend, hätte sich das Buch ‚Das Pubertier’ von Jan Weiler empfohlen, eine ebenfalls überschaubare Investition. Im Fachhandel kostet die gebundene Ausgabe € 12.

Aber Vorsicht. Nicht alles, was angebracht erscheint, ist es auch. Da will fein überlegt sein, ob das Geschenk wirklich so originell ist, wie es scheint. Ein beiläufig geworfener Blick in den Bücherschrank des Gastgebers, könnte offenbaren, dass diese vermeintlich originelle Idee in ihrer Originalität bereits von vier anderen Gästen gedacht worden war. Voll peinlich. Es ist also Vorsicht angebracht. Abzuraten in diesem Zusammenhang wäre z.B. vom Album ‚Köln Concert’ von Keith Jarrett. Auch hier droht eine zu hohe Wahrscheinlichkeitsdichte.

Weiter gilt: Finger weg auch von Weinen vom ALDI oder Liedl. Und auch das Treuepräsent von ‚Jacque’s Weindepot’ lässt man besser im eigenen Schrank. Nicht auszuschließen ist nämlich, dass sich der Gastgeber, vermeintlich den Bio Markt abgrasend, sich am Samstagmorgen im Weindepot rumtreibt, weil er dort – nach eigener Aussage – bei einer leichten Weißweinempfehlung immer so interessante Gespräche mit dort anwesenden Lehrerinnen führt. Weiter tut man gut daran, auch der Gabentisch der WMF Filiale außen vor zu lassen. Absolut NICHT geht, in vermeintlich scherzhafter Absicht mit dem WMF Flachmann („Manhattan 20cl Cromargan Edelstahl“) glänzen zu wollen. Eine Gravur macht das Ganze zwar persönlicher, entzieht einem jedoch endgültig die Sympathie der Gastgeberin.

Wer Konzertkarten vom dritten Aufguss von ‚Ten Years After’ (der Roadie singt) verschenkt, läuft Gefahr, dass der Gastgeber sich da schon eingekauft hat. Die Gelegenheit, die Gruppe, die in Woodstock doch so toll war, noch einmal zu erleben, wollte er sich in keinem Fall entgehen lassen, zumal die Gruppe doch im Gemeindezentrum der nahen Kleinstadt auftritt. Man ahnt: langsam wird es eng mit den Ideen. Die gehen einem nicht aus, nein, viel schlimmer: man hat schon lange keine mehr.

Gottseidank hat der Gastgeber eine. Als sozial engagierter Mensch hat man heute ein sogenanntes ‚Projekt’. Wäre der Gastgeber etwa Auslandskorrespondent gewesen, hätte er in irgendwelchen Ländern ‚Freunde’, denen er mit den Spenden seiner Freunde unter die Arme greift (jeder Euro kommt an). Doch auch hier, bei uns, ist die Not am Größten, und so sieht man sich neuerdings bei Einladungen immer wieder aufgefordert, im Land für soziale Belange zu spenden. Nicht, dass man nicht spenden wollte – aber angesichts der Kosten für eine noch so schöne CD, nimmt sich das stillschweigend erwartete Spendenvolumen doch etwas frugaler aus.

Grundsätzlich aber gilt: wenn das mit den Spendenaufrufen so weiter geht, gehe ich lieber stiften.

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