Woran erkennt man die Lebensqualität einer Stadt? An was mag es liegen, wenn man Baden-Baden mit Charme und Fröhlichkeit in Verbindung bringt?
Ein ganzes Stück weit hat das sicherlich mit den Einwohnern zu tun. Sie wissen mit gepflegtem Äußern, mit einnehmendem Wesen, ja, nicht selten, mit heiterem Gemüt den Fremden für sich zu begeistern. Auf der Suche nach weiteren Gründen darf man aber auch nicht vergessen, welchen Stellenwert man hier dem Umweltschutz einräumt. Es heißt ja sogar: Baden-Baden, der grüne Salon. Staunend nimmt man zur Kenntnis, dass selbst die hiesige Oberbürgermeisterin täglich mit einem Fahrrad zum Dienst fährt, weshalb ihr eine umsichtige Dienstelle beim Bürgerbüro auch einen Fahrradparkplatz zur Verfügung gestellt hat. Es ist der Charme des Details, der nicht nur den Fremden schmunzeln lässt, sondern die Amtsträgerin auch emissionsfrei ins Büro rollen lässt.
Aber eine noch so liebenswerte Stadt wäre nur halb so schön, wenn die Infrastruktur die offensichtliche Schönheit nicht flankieren würde. So bieten die Geschäfte in reichem Maße das, was der Mensch halt so zum Leben braucht. Das beginnt z.B. bei den Immobilienbüros, die mit ihren kyrillischen Buchstaben dem Interessierten freundlich den Weg zu einer möglichen Investition weisen. Weiter kann man anführen das reichhaltige Angebot an Optikergeschäften, deren Produkte vom Design und Preis jedem Anspruch gerecht werden, so dass wirklich keiner brillenlos und sehgeschwächt in unserer Stadt umherirren muss. Ja, man könnte sagen, da liest ein Gewerbe jedem Kunden seinen Wunsch von den Augen ab.
Geht es dem Besucher nun aber gesundheitlich einmal nicht so gut, erwartet ihn darüber hinaus eine beachtliche Anzahl von Apotheken, die mit der Effizienz eines maßgeschneiderten Angebots jede Krankheit fast im Keim ersticken. Glückliche kleine Stadt! Aber auch hier vermag der Handel noch einen draufzulegen. Wer mit Tinkturen und Zäpfchen wohlversorgt das Geschäft verlässt erwartet zudem noch eine Kleinigkeit, die das Fass der Herzlichkeit fast zum Überlaufen bringt.
Nicht selten wird die Dame hinterm Tresen dem Patienten noch ein kleines Präsent mit auf den Weg geben, ein Päckchen Tempo-Taschentücher, das den Siechen immer daran erinnern soll, wem er das Wiedererstarken seiner Gesundheit letztlich zu verdanken hat. Angesichts dieser Herzlichkeit wäre es auch ziemlich unhöflich, sich nach dem Grund der Gabe zu erkundigen. Auch sollte man nicht fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, die Medikamente etwas billiger zu verkaufen. Natürlich macht so ein Tempotaschentuch vor allem Sinn bei laufender Nase und Durchfall. Aber selbst, wenn dieser Fall nicht gegeben wäre, sollten wir das Päckchen einfach als nette Dreingabe sehen. Vergleichsweise etwa, als ob wir bei jedem Besuch der Autowerksatt einen kleinen Schraubenzieher geschenkt bekämen. Falls bei uns mal eine Schraube locker ist.
Um Missverständnisse zu vermeiden, könnte bei Touristen diese Gabe selbstverständlich entfallen.