Allgemein Kultur Malen & Schnitzen Menschen

Sphinx in Tracht

Published by:

Hoch droben im Schwarzwald liegt in überaus gesunder Luft der Ort Freiamt. Verschwindet dort die Sonne hinter den Bergen, versinkt die Welt in abendlicher Stille. Es ist eine Gegend, wo, so scheint’s, sich Hund und Katz‘ gute Nacht sagen.

Doch im Sommer, am Wochenende, bricht die Stille auf. Die Blaskapellen rufen zu Volksfesten, und aus den versprengten Weilern strömen Männer und Frauen in Tracht zum Festplatz, so, als gälte es, vor Touristen einem althergebrachten Bild zu entsprechen.

Doch hat das Bild ein jüngster Zeit eine neue Schattierung erfahren. Das Bild traditioneller Schwarzmädels und -buben hat sich gewandelt. Ja, manchmal scheint es, als hätte sich die Tracht in ihrer traditionellen Form langsam vom Acker gemacht.

Der, der diesen Wandel mit angestoßen hat, heißt Sebastian Wehrle. Einer aus dem Schwarzwald, der sich, nach seiner Ausbildung als Kachelofenbauer und einer 17.000 Km langen Fahrradreise durch Länder wie Peru und Patagonien frischen Wind hatte um die Nase wehen lassen. Dann war er endlich heimgekehrt, um hier, in seiner Heimat, die Tracht in neuem Licht zu zeigen.

Während also das „Schwarzwaldmädel“ in seiner Operettenfassung ein eher kümmerliches Dasein fristet, feiert es in den Fotoarbeiten des Künstlers fröhliche Auferstehung, freilich in etwas überarbeiteter Form.

Dabei scheinen die abgebildeten Trachtenträgerinnen eher nach der Titelseite der Vogue als nach dem Bauernkalender zu schielen. Als agierten sie in ihrer eigenen Welt, die nicht notwendigerweise der Stall ist. Wären wir hier im Feuilleton einer renommierten Zeitung, sprächen wie von ‚verstörend´, wie sich die Idee der Tracht in neuer Form findet. Brauchtum 2025 – irritierend? Es mag die Darstellung des Sujets sein, die unsere Aufmerksamkeit fordert, die Blicke der Abgebildeten, rätselhaft unnahbar, fast überstilisiert und zeitgeistig cool Sie zeigen tätowiert ihre Nasenpiercings,  und haben dabei so gar nichts gemein, mit den Nasenringen der abgelichteten Ochsen, die eine weitere Schattierung seines Schaffens zeigen.

Für Traditionalisten ein Graus. Als würden da Hühner gezüchtet, die eckige Eier legen. Das und vieles andere dürfte Sebastian Wehrle, der sich als Künstler sieht, bewusst sein. Es ist dieser ganz bestimmte Ausdruck, den er bei seinen Models sucht. „Ich habe dem Schwarzwald ein neues Gesicht verpasst“, formuliert er selbstbewusst und wundert sich kaum, dass die Gralshüter des Volkstümlichen auf diesen Angriff verschreckt reagieren. Das Trachtenmuseum in Haslach könnte man hier anführen, aber auch der ‚Bund Heimat und Volksleben´. Sie alle stehen irritiert und versteinert am Rande und schauen dem Zug der Zeit hinterher.

Die Tracht muss sich weiter entwickeln. Daran hält Wehrle eisern fest. So ist es nur logisch, dass sich die Art der Selbstdarstellung der Trägerinnen ebenfalls weiterentwickelt, so wie auch ihr Ausdruck, ihr ‚G´schau´, das mehr stylisch als kuhwarm, mehr cool als herzig ist.

Immerhin sind diese Bilder, diese Portraits teil eines Projekts, das etwa 2014 begann und sich bis heute auf beste entwickelt hat. Natürlich Männer, Frauen, Tiere. Dann aber auch Schwarzwaldlandschaften, auch Autos, alles Motive, die ihn inspirieren und fordern. Wehrle fotografiert selbst, er ist Autodidakt. Das Studio befindet sich derzeit noch in einem Haus von ca 120 qm, wo ein Zimmer abgedunkelt zur Alchemistenkammer umfunktioniert wird.

Fotografieren Sie Ihren Liebling? Auch das ist möglich, kostet aber aufwandbedingt ca. siebentausend Euro. Eingebunden sind da bis zu sechs Mitarbeiter, u.a. Garderobieren, Visagisten. Er meint es ernst; er ist gründlich. Selbst die Kühe, Ochsen und Geißen sind handverlesen, bevor ihnen der Schmuck ins borsteige Haar geflochten und Blumen aufgeklebt werden, handverlesen. Stillhalten ist dann das Gebot der Stunde. Nicht alle halten durch, was auch schon zum Abbruch des Shootings geführt hatte. Dann geht´s halt wieder in den Stall. Da ist Der Künstler schmerzfrei, was sicherlich auch daran liegt, dass er in seinem früheren Leben als Ofenbauer „traditionell konservativ“ aufgewachsen ist und früher bis zu vierzehn Stunden am Bau „gebuckelt“ hatte.

Den schmeißt so leicht nichts um, auch kein Stier, der sich aufgeklebten Blümchen verweigert.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Sebastian Wehrle

Kontakt über: assistenz@ sebastian-wehrle.de

Allgemein

Baden-Baden: Epilog auf die Kultur?

Published by:

Festspielhaus, Stadttheater und Stadtmuseum praktizieren den Schulterschluss

Ballettschuhe und Kostüme sind verpackt, die Tänzer längst wieder im Probenbetrieb, aber noch zumindest bis zum 2. November profitieren die beiden vom städtischen Sparkurs gebeutelten Baden-Badener Kultureinrichtungen von der Unterstützung des Tanzfestivals im Festspielhaus: John Neumeiers diesjähriges Gastspiel an der Oos endete zwar mit seinem letzten Ballett „Epilog“ , aber dank großzügiger privater Spenden bleibt „Nijinsky“ noch bis Anfang November in Baden -Baden – ein Lichtblick in düsteren Kulturzeiten.

Aus seiner weltweit wohl einmaligen Sammlung hat John Neumeier die Sonderausstellung im Stadtmuseum mit Leihgaben bestückt, die sowohl das tragische Leben des genialen Tanz-Künstlers Vaslaw Nijinsky (1889 -1950) als auch ein wichtiges Kapitel internationaler Ballettgeschichte dokumentieren. Mit nur 20 Jahren revolutionierte der Star der Ballets Russes in der ersten Saison in Paris den Bühnentanz, der in eleganter Ästhetik zu erstarren drohte. Sprunggewaltig, in gewagten Kostümen und exotischen Bühnenbildern zu ungewohnter Musik entsetzte, verblüffte und begeisterte er Publikum und Presse. Seine Choreografien wiesen ebenso wie seine Zeichnungen in neue Richtungen, die von anderen Künstlern unterschiedlichster Gattungen aufgenommen und individuell interpretiert wurden.

Umso tragischer wirkt sein Schicksal: 30 Jahre seines kurzen Lebens verbrachte er in verschiedenen psychiatrischen Kliniken mit unterschiedlichen Diagnosen. Sein letzter Auftritt in einem Ballsaal in St. Moritz bildet übrigens auch den Auftakt von Neumeiers vor 25 Jahren entstandener Hommage an den „Mythos Nijinsky“, die auch diesmal im Festspielhaus gefeiert wurde. Eine sehr persönliche Annäherung an den Menschen und Künstler bietet die Matinee im Theater am Goetheplatz am Sonntag, 2. November, 11 Uhr: Auszüge aus Briefen und Tagebüchern, gelesen von Mitgliedern des Ensembles, ausgewählt von Kuratorin Katja Mikojczak unter dem Motto „Ich mag nicht mit vollem Magen tanzen“ bilden auch den „Epilog“ des diesjährigen Tanzfestivals als einem der absoluten Höhepunkte des Baden Badener Kulturbetriebs.

Als kleines Zeichen der Solidarität von Theater und Museum berechtigen die Karten für die Matinee auch zum Besuch der Ausstellung, bevor sich „Nijinski“ endgültig von Baden Baden verabschiedet und beide Häuser ihrem vom Rotstift illustrierten Schicksal überlässt.

Irene Schröder

Allgemein

Das Neueste von Pete Tex: Relax with SAX

Published by:

Musik, die sich nicht vordrängt. Zum Tanzen, Träumen und Verliebtsein.

Freunde unseres Blogs werden sich vielleicht an einen einen Beitrag über den Saxofonisten Pete Tex erinnern. Sein großer Titel SLOW MOTION sorgt seit Jahren dafür, dass den Tanzmusikern älterer Herkunft die Schmusesongs nicht ausgehen. Noch heute kommt keine wirkliche Tanzkapelle ohne diesen Titel aus. Gerade bei diesem Stück kann der Saxofonist endlich einmal zeigen, was er wirkliche so drauf hat. Denn nur dann kann er zeigen, was er kann: nämlich den Titel SLOW MOTION so zu spielen, wie der Komponist es sich gedacht hat. Und wie die zärtlich gestimmten TänzerInnen es sich wünschen!

Nun hat Pete Tex ein neues Album herausgebracht. Musikalisch gesehen vereinbart der Musiker auf dieser CD zwei scheinbare Gegensätze. Ausgehend von der Überlegung, dass die akustische Welt derzeit voller sogenannter Lounge Musik ist, die mit ihrem gehaltlosen Gesäusel die Hotellobbys, Wellnessbereiche und Fahrstühle und was sonst noch berieseln. Marshmallow fürs Ohr.

Da sagt Peter Tex: das muss so nicht sein. Hier setzt der Saxofonist mit seiner Musik an. Zunächst bietet er dem Hörer dezente Musik für den Hintergrund. Das ja! Doch untermalt er auf dieser Produktion – anders als die übliche Loungemusik – die jeweilige Szenerie mit gehaltvollen Melodien. Diese sind, anders als die übliche Weghörware, abwechslungsreich und klingen dennoch dezent. Ohrenschmeichler eben!

Die CD heißt RELAX WITH SAX. Neben den gängigen Streamingportalen gibts die Musik natürlich auch zu kaufen. Als  CD kann man sie bestellen über die Mailadresse.

Info@pete-tex.de

 

Allgemein Kultur Menschen

Die Maya Singers

Published by:


In jüngster Zeit wird Deutschland vermehrt als Einwanderungsland beschrieben, ein Sachverhalt, der nicht zu übersehen, aber schon gar nicht zu überhören ist. So drängen schon seit längerem jede Menge fremder Töne vielstimmig an die Öffentlichkeit, die auch noch in ihrer dissonantesten Form vorgeben, unser Leben zu bereichern.

Nicht zu überhören ist, dass dieses fröhliche Musizieren dem einen mehr, dem anderen weniger leicht von der Hand geht.  Grundsätzlich aber weiß man sich staatlicher Hilfen – wie etwa des Bürgergelds – sicher. Umso löblicher, wenn die Neubürger bestrebt sind, ihren Teil zum Lebensunterhalt beizutragen.

Mögen dem einen oder anderen handwerkliche Fähigkeiten auch abgehen, so ist doch positiv zu vermerken, dass man sich nach besten Kräften bemüht, mit dem zu wuchern, was man hat. Im ungünstigen Fall ist es halt das Erzeugen von Musik, eine Kunst, in der sich in jüngster Zeit auch Stammesangehörige indianischer Völker in den Fußgängerzonen üben. Nicht selten handelt es sich dabei um familiäre Kleingruppen aus Mittelamerika, denen der Gesang scheinbar leicht von der Hand geht. Begleitet wird dieser meist mit einer Gitarre und einem sogenannten Cajon, eine Art Holzkiste, auf der der Musizierende sitzt und dort auch klopft, was die Illusion eines Schlagzeuges erzeugen soll.

Man wird den Musikanten nicht zu nahetreten, erinnern sie uns von ihrem Aussehen her an Angehörige des untergegangenen Volkes der Maya, ein Volk, das ob seiner damals ausgeübten Grausamkeit weithin gefürchtet war. Vielleicht aber war es der Musik geschuldet, die, traditionell lauthals vorgetragen, ebenfalls eine furchtbare Waffe gewesen sein muss. Vor allem ein Lied hätte es gewesen sein können, mit dessen Neuinterpretation sich noch heute die Nachfahren damaliger Ureinwohner gefallen. Dabei handelt es sich überwiegend um eine einzige Melodie, die das ganze Repertoire ausmacht und die in unseren Fußgängerzonen immer und immer wieder in einer für Außenstehende enervierender Zweistimmigkeit präsentiert wird.

Ursprünglich sollte die schlichte Weise wohl die Götter gnädig stimmen. War dieser Zweck nicht erreicht, hatte sich schon damals der bittende Gestus des Singsangs zu einem bedrohlich anschwellenden Gebrüll ausgewachsen, das Andengipfel bröslig werden ließ und die ortsansässigen Himmelsbewohner wohl derart erschreckte, dass er, weichgesungen vom Gesang der Gläubigen, endlich Manna vom Himmel regnen ließ.

Im Zuge der kontinentalen Völkerwanderung geriet diese Weise, bis vor kurzem ausschließlich im innerfamiliären Kreis tradiert, jetzt doch wieder verstärkt in die Öffentlichkeit. Dabei erfährt sie allerdings einen neuerlichen, zum Weltlichen hin tendierenden Bedeutungswandel.

Etwa dergestalt, dass diese Melodie – von verzweifelten, zugewanderten indogenen Familien stundenlang gesungen – als furchtbare Drohung dem Sozialamt gegenüber zu werten ist. Das wäre dann in etwa so zu verstehen: stockt gefälligst das Bürgergeld auf. Sonst singen wir weiter.

Nach allem, was man so täglich in den Fußgängerzonen hört, wäre das gut eingesetztes Geld.




 

Allgemein Stadtstreicher

Der Blattsalat

Published by:

Foto-6 KopieIrgendwie ist nicht ganz klar, wer ihn geschickt hat. Jedenfalls kümmert sich gestern Morgen ein mit einem lärmenden Gebläse ausgestatteter Mitarbeiter um jedes einzelne der schätzungsweise fünfzig vor der Buchhandlung herumliegenden Herbstblätter.

Dabei trägt er den sogenannten ‚Laubsauger’, ein Produkt des in der innerstädtischen Lärmbelästigung führenden Herstellers Stihl. Das weiß ich schon deshalb, weil der Name des Herstellers groß und breit auf dem umgehängten Sack steht, in dem das eine oder andere Blatt dann ja auch verschwindet. Was allerdings nicht ganz so einfach ist. Irgendwie will nicht jedes dieser herbstlich gefärbten Blättchen so einfach verschwinden. Das eine oder andere sträubt sich heftig und kann nur durch kunstvolles Balancieren des Saugrüssels ins Innere des Stihlsackes gezwungen werden. Was völlig verständlich ist. Wer wollte an einem milden, freundlichen Herbsttag wie gestern schon gern kompostiert werden?

Nach einer lärmenden halben Stunde scheint der Platz dann leidlich entblättert. Jetzt aber fängt der Arbeitssuchende nochmal von vorne an. Könnte ja sein, dass er sich verzählt hat.

  • Archiv

  • Besucher

    Total Visitors
    1684375
    674
    Visitors Today
    83
    Live visitors