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Allgemein Essen & Trinken

Genug ist nicht genug Teil 1

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Eigentlich bin ich ein totaler Familienmensch. Das fängt schon damit an, dass ich mich über die noch kleinste innerfamiliäre Gabe freue, so z.B., als mich meine Schwester über lange Zeit immer wieder mit Selbstgemaltem meiner Nichten und Neffen überraschte. Aber auch andere Sachen freuen mich. Ähnlich berührend fand ich, als sie mir zum fünfzigsten Geburtstag einen Nassrasierer schenkte, der, wie ich gleich sah, von Tchibo war. Gefreut hat es mich trotzdem, vor allem, da ich mit so etwas nicht gerechnet hatte. War das vielleicht eine Überraschung!

Jetzt, kurz vor Weihnachten, hat sie aber eine völlig neue Seite in unserer geschwisterlichen Beziehung aufgeschlagen. In unserer Familie macht seit vielen Jahren das Rezept eines Apfelkuchens die Runde. Diese stammte von meiner Patentante Bertel, die  ich – wie ich mich ja sicherlich erinnern könne – als Kind immer ‚Didat’ gerufen hätte. Sowas ist mir selbst nach so vielen Jahren heute noch peinlich. Aber Kinder sind halt so.

Als diese Tante starb war es meiner Schwester dann gelungen, das Rezept zu bergen und es damit der Kernfamilie zu erhalten. Noch zu Lebzeiten dieser Großtante hatte sie aufgepasst, wo das Rezept versteckt lag: handgeschrieben in einem ‚Backbuch der bürgerlichen Küche’. Leipzig 1908. Als wir nach deren Tod die Wohnung ausräumten und die übrig gebliebenen Schätze sichteten, musste wir uns zunächst der Bücherliebe eines angeheirateten Verwandten erwehren. Da war Gefahr im Verzug. Denn er trat an das Buchregal, vor ihm der Band mit den Rezepten. Würde er ‚unser‘ Buch für sich reklamieren? Doch dann, oh Wunder, entdeckte er  ein anderes Buch, das ihn noch mehr fesselte: ‚Angelique und die Versuchung’ . Dafür ließ er das Backbuch unversucht links liegen. 

Jetzt droht die Geschichte doch ein bisschen länger zu werden. Aber ich will es so kurz machen wie möglich.

653964-420x280-fix-apfelkuchenJedenfalls nahm meine Schwester das Buch nebst Rezept an sich. Und genau nach diesem Rezept hatte sie vor längerer Zeit für mich eine Miniausgabe gebacken und mir geschickt. Der Kuchen schmeckte wunderbar. Fahrlässigerweise hatte ich ihr das auch so gesagt.

Dieser Tage nun, hatte sie wieder ihren Besuch angekündigt. Sie müsse mir –  kurz vor Weihnachten – etwas bringen, an dem ich ganz bestimmt meine Freude hätte. Es läutet. Ich öffnete, sagte ihr aber gleich, ich wäre leider erkältet. Ein Virus ginge um. Sie sah mich an und sagte: „Du siehst nicht gut aus“. Als ich die Wohnungstür hinter ihr geschlossen hatte, fiel mir gleich dieser große Apfelkuchen auf, den sie mit sich führte. Der wäre, sagte sie, genau das Richtige für diese kalte Jahreszeit. Dabei handelte es sich – da bin ich erst jetzt dahintergekommen – um einen sogenannten ‚versunkenen Apfelkuchen’, den sie nach dem Familienrezept gebacken, der aber bei ‚Chefkoch.de’ auch unter der Bezeichnung ‚der unmögliche Apfelkuchen’ geführt wird. Aber der hier war möglich geworden.

Da meine Küche ziemlich klein ist, wusste ich zunächst gar nicht so recht, wohin damit. Aber es fand sich ein Plätzchen.

Ich machte erst mal Kaffee und hoffte, die Spenderin würde ein Stück Kuchen mitessen. Aber sie wollte keinen Kuchen. Sie hätte allein vier Wochen gebraucht, um ein Kilo Gewicht abzunehmen, und man wisse ja nie, was die Festtage noch so bringen. Das müsse ich verstehen. Aber etwas Tee, den nehme sie gern. Sie griff in die Tasche und zog einen schweren irdenen Pott hervor, ein richtiges Monster, und dann noch einen Teebeutel. Liebevoll blickte sie auf ihr Backwerk.

Als sie dann später gegangen war, erfasste mich tiefe Ratlosigkeit. Wohin mit all dem Kuchen?

 

Tja, wohin nur? Darüber mehr demnächst. In Teil 2

 

 

 


 

Allgemein Malen & Schnitzen

Bei Licht betrachtet

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Neu: die Ausstellung „DIE KERZE“ im Frieder Burda Museum in Baden-Baden

© Gerhard Richter, 2016

Helmut Friedel, der Kurator der Ausstellung, hatte ja nicht ganz Unrecht, wenn er anmerkt, dass der Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung in diesen Tagen durchaus in die Jahreszeit passt. Allerdings muss man nicht unbedingt das zeitgemäß Vorweihnachtliche bemühen, um der jüngsten Schau des Frieder Museum noch einiges mehr abzugewinnen.

Main© Nam June Paik Estate, Foto: Axel Schneider

Denn wieder einmal überrascht uns das Museum mit einem zeitlos interessanten Thema. Ausgehend von einem der wichtigsten Werke des Bestandes, der ,KERZE‘ von Gerhard Richter, nehmen die Ausstellungsmacher dieses einzigartig ikonografische Bild zum Anlass, daran anknüpfend weitere Werke dem Gemälde von Richter zur Seite zu stellen

Natürlich ist das Bild der Kerze in der Malerei nicht neu. Immer wieder in der Vergangenheit war die Kerze mit ihrem natürlichen Licht den Künstlern ein gesuchter Anlass, ihre Malkunst zu präsentieren. Wie bringt man das Leuchten des Kerzenlichtes auf die Leinwand? Wie verändert es die Hautfarbe, die Augen der Dargestellten? Wie gestalten sich die durch ihr Leuchten hervorgerufenen Schatten in den Salons, gar im Stall? Was sieht man im Licht der Kerze und ahnt man: ihr Leuchten verbirgt mehr als es zeigt?

Nicht so in der Moderne. Hier weisen die in der Ausstellung gezeigten mehr als 50 Gemälde, Skulpturen, Videoarbeiten und Fotografien auf durchaus auch veränderte Inhalte. Nicht so sehr klassische Konnotationen, Stillebenmalerei und Vanitas beherrschen die Räume. Wer Markus Lüpertz, A.R. Penck und Baselitz (die alle in der Ausstellung vertreten sind) kennt, wird dergleichen auch nicht vermuten.

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© Jeff Koons, 2016; Courtesy Gagosion Gallery

Vielmehr wird mit der Kerze künstlerisch ‚gespielt‘. Sie verweist auf neue Inhalte, etwa das erotische Moment, dient der Provokation („Negerchen mit Kerze“) oder will entschlüsselt werden. Bei Jeff Koons poppigem Bild „Candle“ taucht sie in einer schrill bunten Kollage auf. Bei Robert Gobers flachem Stück Bienenwachs, das mit Menschenhaar beklebt ist, sieht sich die Kerze als Phallus inszeniert und – entstanden während der großen AIDS Epidemie – will auch an all die damals Verstorbenen erinnern.Zusammengestellt wurde also einmal mehr eine sehr lebendige Schau, die, teils mit klassischen Motiven spielend, bis ans Dadaistische anknüpft. Sie ist überaus lebendig, vielfältig, überraschend.

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Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Neben jeder Wand zeigt sich eine andere mit Neuem, nicht Erwartetem. Mehr kann man von einer Ausstellung nicht verlangen. Dass im Untergeschoss zudem eine Abfolge von kerzenbeleuchteten Filmsequenzen gezeigt wird, rundet das Ganze noch wunderbar ab. Hier besonders erwähnenswert der Ausschnitt von Stanley Kubricks ‚Barry Lyndon‘, der erste Film, bei dem die im Licht der Kerzen gefilmten Szenen zum ersten Mal in der Filmgeschichte ohne Kunstlicht gedreht wurden.Dass die Präsentation der Ausschnitte aus so bedeutenden Filmwerken für die Macher der Ausstellung ziemlich kostenintensiv gerieten (um es zurückhaltend auszudrücken), sollte hier nicht unerwähnt bleiben. Dass sie es trotzdem taten, ehrt sie und sollte den Besucher umso mehr freuen.

20161023_095744Es sind aber auch noch die freundlichen Kleinigkeiten, Überflüssiges eigentlich, die das Bild von einem Museum, gar seinen Stil prägen. Z.B. das mit dem Zuckertütchen. Dessen Äußeres schmückt das Bild eines Exponats (Gavin Türk „Neon Candle“).

So könnte es passieren, dass der Besucher beim Kaffeetrinken das Tütchen vielleicht als eine nette Geste, den Inhalt aber als ganz besonders süß empfindet.

 

Noch bis 29.1.2017

 

 

Allgemein Essen & Trinken

Der Preis ist heiß Teil 1

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Vom Munde abgespart: der Bierpreis in Baden-Baden

Es ist nun wieder schon ein ganzes Weilchen her, dass wir hier betont haben, dass wir hier in Baden-Baden einzigartig sind. Singulär sozusagen.

Durften wir nicht erst kürzlich die allgrößte Anzahl verschleierter Frauen registrieren? Und wo lebten bis noch vor kurzem die allermeisten der allreichsten Russen? Und dann erst die anderen! So viele Chinesen, die hinter einem Fähnchen herlaufen und dabei Millionen von Selfies machen – so etwas haben die allwenigsten der anderen Städte aufzubieten. Aber wir hier !

Aber noch in etwas anderem sind wir hier ziemlich Spitze. Beim Bierpreis.

Zwar schreibt in diesen Tagen die Süddeutsche Zeitung, dass das Wiesen-Bier „berüchtigt für seine herbe Preissteigerung“ sei und wohl auch bei dem diesjährigen Oktoberfest wieder gestiegen ist. In diesem Jahr kostet die ‚Maß‘ € 10,53. Dies ist – korrekt eingeschenkt – 1 Liter. So was trinkt, außer in München, kein Mensch. Also wollen wir die Menge halbieren und kommen dann auf den Preis für eine Halbe von ca € 5,25. Da die ‚Wiesn‘ halt die ‚Wiesn‘ ist, wird dieser Bierpreis von den Münchnern zunächst mal akzeptiert. Von den Touristen sowieso.

Ansonsten aber sind die Bewohner der bayrischen Hauptstadt anderes gewohnt. In der Regel bezahlt man in München für eine Halbe im Schnitt etwa € 3,50, was, verglichen mit den üblichen Lebenshaltungskosten, erstaunlich günstig ist. Wie aber sieht‘s denn bei uns in Baden-Baden aus?

Das ‚Amadeus‘ will für die Halbe € 4,70. Gäbe es im ‚Garibaldi‘ einen halben Liter (es gibt nur 0,4 L) bezahlte man dafür (hochgerechnet) € 5,00. Und im ‚Löwenbräu‘ macht man es nicht unter € 5,30. Gerade der Name ‚Löwenbräu‘ verweist auf die gleichnamige Münchner Brauerei, die natürlich wie so viele andere große Münchner Brauereien schon lange nicht mehr in heimischen Händen ist, sondern jemandem ganz anderem gehört, in diesem Fall ‚Anheuser Busch‘, der größten Brauerei der Welt. 1999 wurde 677.000 hl in Lizenz gebraut. Seitdem scheint der Umsatz kontinuierlich gesunken zu sein. Neue Zahlen gibt es nicht. Anderen großen Brauereien geht es wohl besser. So weist Paulaner für 2015 einen Bierumsatz von 2,4 Mio hl aus, wobei auch in diesem Fall nur noch 51,1% in Bayrischer Hand sind. Der Rest gehört zur Heinecken Gruppe in Holland.

Halten wir nun einmal fest, dass es ein ehernes Gesetz des Marktes zu sein scheint, dass je größer die Zahl der produzierten Güter ist, desto geringer sind die Herstellungskosten pro Einheit. Dies gilt bei der Autofabrikation (Zulieferer) so wie beim Bierbrauen. Die Menge macht‘s. Es ist von den Lohnkosten völlig egal, ob ein Braumeister 2 hl herstellt oder 6 hl. Die Lohnkosten blieben annähernd gleich. Also müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn das Bier der Megabrauereien nicht billiger herzustellen wäre als, sagen wir mal, in einer kleinen Brauerei in der deutschen Provinz.

Nun ist es ja nicht das Blödeste, sich von Zeit zu Zeit dumm zu stellen…. (Mehr vom Bier gibts demnächst!)

Allgemein Essen & Trinken

Der Preis ist heiß Teil 2

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Vom Munde abgespart: der Bierpreis in Baden-Baden

muc_maxvorstadt_loewenbraeu_sudkesselNun ist es ja nicht das Dümmste, sich von Zeit zu Zeit dumm zu stellen, und so verlassen wir jetzt einmal die Orte des Geschehens und begeben uns in Gedanken nach Franken, z.B. nach Maroldsweisach. Der Ort trägt den beneidenswerten Titel ‚familienfreundlichste Gemeinde unter 5000 Einwohnern‘, was letztlich bedeutet, dass der Vater dort ein gutes Bier zu einem vernünftigen Preis bekommt. Am besten z.B. in der Brauereigaststätte ‚Zum grünen Baum‘, wo die Brauereifamilie Hartleb im letzten Jahr 1450 Hektoliter unfiltriertes fränkisches Landbier produzierte.

Gehen wir jetzt einmal davon aus, dass auch Familie Hartleb nichts zu verschenken hat, so müssen wir jetzt aber einmal festhalten, dass die Halbe dort € 1,90 kostet. Wir wiederholen: € 1,90!!

Natürlich ist das Leben dort im Fränkischen billiger, aber einen Brauereilastwagen bekommt die Familie auch dort nicht geschenkt. Und Steuern bezahlen sie auch, altersversorgt werden sie auch sein. Den Hopfen werden sie nicht wesentlich billiger einkaufen als Anheuser Busch. Und, und, und…

Kommen wir jetzt also zurück zum Anfang unserer kleinen Betrachtung, stellt sich die Frage: wie billig könnte das Löwenbräu – Bier eigentlich sein? Warum gelingt es ihnen mit ihrer schieren Menge nicht, den Bierpreis einer kleinen fränkischen Brauerei nicht zu unterbieten? Kommen also nicht unter € 1,90 im Verkauf? Stattdessen meinen sie und die ortsansässigen Gastronomen, ihr Bier in Baden-Baden für unfassbare € 5,30 verkaufen zu müssen. Dies ist ungefähr dreimal so teuer wie das Vergleichsbier. Und was würde passieren, schickte ein hiesiger Wirt ein- oder zweimal die Woche einen Laster nach Maroldsweisach. Um so preiswertes und wie gutes Bier zu holen?

Und gäbe anschließend nicht nur das Bier, sondern auch den Preis an uns fröhliche Zecher weiter. Bis es soweit ist, bleibt uns nur zu konstatieren: das Mass ist voll.

Allgemein Menschen

Spiel mir das Lied vom Tod

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Wie der Dudelsack dem Menschen gefährlich werden kann

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Dudelsackspieler links – heute schon tot

Wer uns kennt, der weiß, dass wir uns als human denkende Menschen überwiegend dem Schönen und Guten verpflichtet wissen. Vor allem der durch Musik erzeugte Wohlklang ist es, der uns in einem fort anspricht. Da lässt uns in diesen Tagen jetzt aber eine Meldung aufhorchen, die besagt, dass ein Dudelsackspieler sein Instrument final aus der Hand gelegt hat.

Endlich, hören wir uns leise sagen.

Im hetzerischen Relief. Der Spieler rechts außen. Tot.

An sich nichts Besonderes. Das Instrument, das aus einem Tierbalg hergestellt wird, wird nach seiner mehr oder weniger edlen Herkunft gemäß auch Sackpfeife genannt. Zum ersten mal abgebildet ist es auf einem hethitischen Relief aus Alcea Höyuk. Wie Wikipedia meldet muss das so gegen 1200 v.Chr. gewesen sein.

Diese Musiker leben. Noch.

Seit dieser Zeit nun – und das ist das Traurige – ist die Geschichte des Dudelsacks voller menschlichem Leid. So ist es mehr als nur wahrscheinlich, dass Spieler wie Zuhörer über all die Jahrhunderte an dem aufdringlichen Klang wohl verendet sein müssen. Jedenfalls lebt von denen ja keiner mehr.

Nun ist aber das jüngste Opfer zu vermelden.

Einem dudelsackspielenden 61 jährigen Musiker aus England machten zunächst Husten und Atemnot zu schaffen. Dann wurde es noch schlimmer. Das Leiden rührte wohl aus den Schimmelpilzen, die sich im Inneren des Blasebalgs gebildet hatten. Das ergab die Obduktion. Es waren diese Pilze, die im Folgenden zu großen Rissen in der Lunge und zum letztlichen Ableben des Musikanten führten.

Gerade noch rechtzeitig, möchte man da rufen. Denn diese letalen inneren Verletzungen waren glücklicherweise aufgetreten, bevor man wiederum bei uns, den Passanten in der Fußgängerzone, lärmbedingt große Risse im Trommelfell hätte konstatieren müssen.

Normalerweise sagen wir: er ruhe in Frieden. Beglückt dürfen wir feststellen: es hat sich ausgepfiffen. Jetzt also herrscht wieder Ruhe auf Erden. Und in der Fußgängerzone.

So lange jedenfalls, bis der Herrgott den allseits aufspielenden Musikanten lieber wieder auferstehen lässt.

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